ausgewählte Entscheidungen zur Anlageberaterhaftung


OGH 24.04.2020, 7 Ob 56/20s
, ÖBA 2020/2717, 898
Zur Verjährung von Ansprüchen aus Beratungsfehlern: Die 3-jährige Verjährungsfrist beginnt etwa dann zu laufen, wenn die Eigenleistungen des Kreditnehmers und die monatlichen Rentenerträge nicht mehr ausreichen, um die laufenden Kreditzinsen und die laufenden Beiträge zu den Tilgungsträgern zu bedienen, und er wiederholt auf diesen Umstand hingewiesen wurde.

OGH 01.04.2020, 1 Ob 159/19t, RdW 2020/571, 836 = ZFR 2020/199, 458 (Häusler)
Aufklärungsverzicht durch den Anleger – kein Mitverschulden im vorliegenden (Einzel-)Fall: Aus einem (allfälligen) Verzicht des Anlegers auf Informationen zu Details der empfohlenen Finanzprodukte kann nicht geschlossen werden, dass er auch nicht über die (verdeckten) Innenprovisionen aufgeklärt werden wollte, die der Anlageberater für die Vermittlung der Kommanditbeteiligungen gewährt wurden. Im Unterschied zu den (rechtlichen und wirtschaftlichen) „Details“ eines Finanzprodukts betrifft die Frage, ob dessen Empfehlung (auch) im Eigeninteresse des Beraters erfolgt, also die Grundlage des Beratungsverhältnisses.

OGH 22.01.2020, 3 Ob 239/19x, RdW 2020/368, 523
Mangelhafte Prospektangaben – Kausalität, Mitverschulden

OGH 01.04.2020, 1 Ob 159/19t, ÖBA 2020/2687, 584 = ZFR 2020/199, 458 (Häusler)
Zum Mitverschulden bei unterlassener Aufklärung über verdeckte Innenprovisionen

OGH 16.12.2019, 7 Ob 106/19t, RdW 2020/256, 342 = VbR 2020/40, 69 (Schumacher) = ZFR 2020/109, 255 (Poropat) = Völkl/Schagerl, ZFR 2020/219, 500 (Rechtsprechungsübersicht)
Zum Mitverschulden eines Anlegers: Von einem durchschnittlich sorgfältigen Anleger ist zu erwarten, dass er zumindest einfach gehaltene Risikohinweise durchliest, die ihm auf den bei Erwerb eines Finanzprodukts unterfertigten Urkunden zur Verfügung gestellt werden. Ein Mitverschulden von 50 % wurde zugesprochen.

OGH 04.11.2019, 3 Ob 109/19d, ÖBA 2020/2652, 210
Zur hypothetischen Veranlagung außerhalb des Kapitalmarkts: Bei vorgefasstem Anlageentschluss des Anlegers wird widerleglich vermutet, dass dieser bei korrekter Beratung (anderswo) am Kapitalmarkt veranlagt hätte. Die Behauptungs- und Beweislast hinsichtlich einer hypothetischen Alternativanlage trifft insofern den Anleger. Steht aber fest, dass der Anleger bei korrekter Beratung gar nicht am Kapitalmarkt investiert hätte, dann entfällt die Darlegung einer solchen Alternativanlage.

OGH 25.10.2019, 8 Ob 85/19m, RdW 2020/154, 173
Zum Anlegerschaden – Innenprovision

OGH 24.09.2019, 6 Ob 132/19h, ÖBA 2020/2659, 268
Schadenersatz wegen Verweigerung der Konvertierung durch eine Bank

OGH 18.09.2019, 7 Ob 126/19h, ÖBA 2020/2655, 212
Zur Bezifferbarkeit des Schadens bei fehlerhafter Anlageberatung

OGH 29.08.2019, 1 Ob 78/19f, JBl 2019, 784 = RdW 2020/17, 12 = ÖBA 2020/2648b, 196 (mit Anmerkungen von P. Klausberger)
Lösung einer Judikaturdivergenz zum Mitverschulden: keine „Korrelation“ zu bzw. kein Zusammenhang mit dem jeweiligen kausalen Aufklärungsfehler erforderlich, wenn der Anlageentscheidung auch eine den Klägern vorwerfbare Sorglosigkeit zugrunde liegt. Grundsätzlich kommt auch dann eine Minderung des Ersatzes wegen Mitverschuldens in Betracht.

OGH 28.08.2019, 7 Ob 17/191d, ÖBA 2019/2628, 930
FX-Kredit: Aufklärungspflicht über Verkaufskurs bei Stop-Loss-Order

OGH 15.05.2019, 9 Ob 94/18s, RdW 2019/465, 602 = ÖBA 2020/2648a (mit Anmerkungen von P. Klausberger)
Zum Mitverschulden bei fehlerhafter Aufklärung über Innenprovisionen beim Anlegerschaden

OGH 25.04.2019, 6 Ob 25/19y, ÖBA 2019/2616, 851
FX-Kredit: Aufklärungspflicht über Wechselkursstützung

OGH 03.04.2019, 1 Ob 50/19p, RdW 2019/464, 602
Zur Verjährung beim Anlegerschaden bei Fremdwährungsfinanzierung

OGH, 03.04.2019, 1 Ob 117/18i, ÖBA 2019/2608, 751
Keine Anlegerentschädigung bei Kauf über Börse

OGH 28.03.2019, 2 Ob 25/19v, ÖBA 2019/2607, 750
Zur Haftung für unterlassene Offenlegung von Innenprovisionen: Rechtswidrigkeitszusammenhang?

OGH 26. 2. 2019, 8 Ob 166/18x, RdW 2019/286, 381 = ÖBA 2019/2584, 517
Zur Haftung aufgrund der Verletzung von Aufklärungspflichten über Innenprovisionen.

OGH 28.03.2019, 2 Ob 25/19v, RdW 2019/466, 602
Anlegerschaden – Kenntnis von Innenprovision

OGH 21. 11. 2018, 7 Ob 196/17z, ÖBA 2019/2579, 451
Zur Haftung aufgrund fehlerhafter Vermittlung von Lebensversicherungsverträgen: Hier sind die Grundsätze zur Haftung wegen fehlerhafter Anlageberatung wegen der gleichgelagerten Interessenslage übertragbar. Solange noch Ansprüche des Versicherungsnehmers aus dem Vertrag dem Versicherer gegenüber bestehen können, ist die Lage mit dem Anleger vergleichbar, der das nicht gewollte Finanzprodukt noch hält; auch ihm steht ein Anspruch auf Naturalrestitution zu.

OGH 21. 11. 2018, 3 Ob 150/18g, ÖBA 2019/2573, 380 = RdW 2019/120, 165
Zur Haftung des Vermittlers beim Vertrieb von Anlageprodukten: Eine Haftung des Erfüllungsgehilfen kommt dann in Betracht, wenn sein Verhalten keinem Geschäftsherrn zugerechnet werden kann, wenn er ein ausgeprägtes eigenwirtschaftliches Interesse am Zustandekommen des Vertrags hat oder wenn er bei den Vertragsverhandlungen im besonderen Maße persönliches Vertrauen in Anspruch nimmt.

OGH 24. 10. 2018, 3 Ob 187/18y, ÖBA 2019/2559, 293 = RdW 2019/119, 165
Anlageberatung: keine Pflicht zur Aufklärung über das allgemeine Insolvenzrisiko

OGH 26. 9. 2018, 1 Ob 153/18h, ÖBA 2019/2548, 151 = RdW 2018/580, 778
Zur Verjährung des Anspruchs wegen unterlassener Aufklärung über die fehlende Eignung zur Pensionsvorsorge beim FX-Kredit: Maßgeblich für den Verjährungsbeginn ist die Kenntnis der Risikoträchtigkeit des gesamten Modells.

OGH 25. 9. 2018, 4 Ob 59/18g, ÖBA 2019/2547, 151 = RdW 2019/121, 165
Zum Mitverschulden des fehlberatenen Kunden wegen unterlassener Konvertierung beim FX Kredit: Eine Verletzung der Schadensminderungsobliegenheit des Fremdwährungskreditnehmers wegen unterlassener Konvertierung kann die Bank diesem nur in besonderen Fallkonstellationen entgegenhalten.

OGH 25. 9. 2018, 4 Ob 176/18p, ÖBA 2019/2546, 150 = RdW 2019/117, 164
FX-Kredit: Keine Pflicht der Bank zur Aufklärung über die Möglichkeit einer Änderung der Währungspolitik der SNB („Stützungsrisiko“)
so auch OGH 31. 8. 2018, 6 Ob 132/18g, ÖBA 2018/2529, 893 = RdW 2018/581, 778 = ZFR 2019/36

OGH 29. 8. 2018, 1 Ob 137/18f, ÖBA 2019/2540, 67 = RdW 2018/577, 776 = ZFR 2019/17
Zum Mitverschuldenszusammenhang beim Anlegerschaden: Bei mehreren Beratungsfehlern kommt eine Minderung des Schadenersatzes nur in Betracht, wenn das sorglose Verhalten des Geschädigten auch in Korrelation zum jeweiligen kausalen Aufklärungsfehler steht. Wäre bei einem bestimmten Beratungsfehler das Investment unterblieben, kommt die Annahme eines relevanten Mitverschuldens grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn dem Anleger vorzuwerfen wäre, dass ihm die Fehlerhaftigkeit (oder Unvollständigkeit) gerade dieser Aufklärung bereits vor/bei Vertragsabschluss auffallen hätte müssen.

OGH 29. 5. 2018, 4 Ob 64/18t, RdW 2018/466, 633 = ZFR 2018/236
Zur Beratungspflicht der Bank betreffend Gesamtkonzept (FX-Kredit)

OGH 29. 5. 2018, 4 Ob 64/18t, ÖBA 2018/2513, 748
Zur Haftung der Bank nach § 1313a ABGB für Zubringer bei FX-Krediten: Bei Finanzierung risikoträchtiger Beteiligungen besteht keine Haftung der Bank, wenn sie sich weder in den Vertrieb der Beteiligungen einschaltet, noch an der Konzeption des Projekts beteiligt war und auch keinen besonderen Vertrauenssachverhalt schafft.

OGH 23. 5. 2018, 3 Ob 82/18g, ÖBA 2018/2500, 661
Verjährungsrechtliche Trennungsthese: Abgrenzung eigenständiger Beratungsfehler
Die gesonderte Verjährung mehrerer Beratungsfehler setzt voraus, dass sie als eigenständige, den geltend gemachten Anspruch begründende Pflichtverletzungen zu qualifizieren sind. Ob das der Fall ist, ist in erster Linie nach engen inhaltlichen Gesichtspunkten zu beurteilen, nämlich danach, ob die Aufklärungsfehler einen engen inhaltlichen Bezug zueinander haben.

OGH 22. 3. 2018, 2 Ob 172/17h, RdW 2018/370, 497
Zur Aufklärungspflicht betreffend Innenprovision

OGH 26. 1. 2018, 8 Ob 150/17t, ÖBA 2018/2486, 583
Zur Haftung für falsche „Halteempfehlung“ bei FX-Kredit
Wirft der Kreditnehmer der Bank eine unzutreffende „Behalteempfehlung“ vor, so ist für den Lauf der Verjährungsfrist entscheidend, ob und ggf wann dem Kreditnehmer die weitere Entwicklung deutlich vor Augen führt, dass die Empfehlung der Bank falsch war. Auf Entwicklungen bis zur Behalteempfehlung kommt es nicht an.

OGH 20. 12. 2017, 10 Ob 61/17v, ÖBA 2018/2488, 585
Zur Verjährung von Fehlberatungsansprüchen bei FX-Krediten
Für den Beginn der Verjährungsfrist des ABGB bei Beratungsfehlern in Bezug auf Veranlagungs- und/oder Finanzierungskonzepte, die eine Kombination von FX-Krediten mit verschiedenen Tilgungsträgern vorsehen, ist entscheidend, zu welchem Zeitpunkt der Geschädigte erkennt, dass das Gesamtkonzept den Zusagen nicht entspricht. Die Risikoträchtigkeit eines Gesamtkonzepts liegt jedenfalls dann vor, wenn sich dieses rein rechnerisch nicht mehr ohne zusätzliche Vermögensminderung im Vergleich zur (herkömmlichen) Tilgung des Darlehens entwickeln konnte.

OGH 29.03.2017, 7 Ob 13/16m – ÖBA 2017/2396,725 = ZFR 2017/215, 445 (Ruhm)
Zur Zurechnung eines Fehlers beim Ausfüllen eines Formulars.
Der Beratungsfehler eines Mitarbeiters der vom Kl beigezogenen Maklerin, welcher auf einem Irrtum beim Ausfüllen des Versicherungsantrags beruht, wird nicht der Sphäre der Bekl zugerechnet, da der Beratungsfehler weder spezifische Eigenheiten des von der Bekl angebotenen Produkts noch die Risken verschiedener Underlyings betrifft.

OGH 21.03.2017, 10 Ob 70/15i – ZFR 2017/189, 390 (Kepplinger)
Zum Anspruch auf Naturalrestitution gegen Anlageberater

OGH 22.02.2017, 3 Ob 240/16i – ÖBA 2017/2376, 587
Fremdwährungskredit: Beginn der Verjährung von Anlegerschäden aus Beratungsfehlern.

OGH 21.02.2017, 4 Ob 148/16t – EvBl 2017/98, 677
Keine Wissenszurechnung im Haftungsverbund für den Anleiheverkauf.

OGH 21.02.2017, 4 Ob 213/16a – RdW 2017/282, 426
Zu „Beschwichtigung“ des Anlegers und Verjährungsbeginn.

OGH 10.02.2017, 1 Ob 157/16v – ZFR 2017/141, 285
Zur Haftung aufgrund unrichtiger Kapitalmarktinformationen.

OGH 26.01.2017, 3 Ob 190/16m – ecolex 2017/129, 304 (Wilhelm) = ÖBA 2017/2349, 425 (Klausberger/Lenz) = EvBl 2017/119, 829 (Wilfinger)
Zur Aufklärungspflicht des Anlageberaters über die (erhebliche) Weichkostenbelastung von Anlageprodukten.

OGH 13.12.2016, 3 Ob 148/16k – JBl 2017, 662 (Geroldinger)

Zur Haftung des Prospektkontrollors für Primeo Select Fund Shares; Kausalität der Pflichtwidrigkeit und des mangelhaften Prospekts.

OGH 27. 9. 2016, 1 Ob 21/16v

Zur Haftung der Depotbank für selbständige Anlageberater und zur Qualifizierung des (An-) Sparplans als Dauerschuldverhältnis.

OGH 30. 8. 2016, 1 Ob 88/16x

Der Verjährungslauf beginnt bei Beratungsfehlern, in Bezug auf Veranlagungs- und/oder Finanzierungskonzepte, die eine Kombination von Fremdwährungskrediten mit verschiedenen Tilgungsträgern (hier: Kombination mit fondsgebundener Lebensversicherung) vorsehen, sobald der Geschädigte erkennt, dass das Veranlagungs- und/oder Finanzierungskonzept – entgegen den Zusagen – nicht oder nicht im zugesagten Ausmaß risikolos ist.

OGH 13. 7. 2016, 3 Ob 108/16b

Zum Mitverschulden des Anlegers.

OGH 28. 6. 2016, 10 Ob 62/15p

Zum schlüssigen Abschluss eines Auskunftsvertrages.

OGH 22. 3. 2016, 9 Ob 85/15p

Zu Verjährung bei mehreren Beratungsfehlern.

OGH 25. 2. 2016, 9 Ob 85/15p – ecolex 2016, 858

Zu beschwichtigenden Erklärungen des Anlageberaters und Mitverschulden.

OGH 19. 2. 2016, 8 Ob 98/15t – EvBl-LS 2016/100

Zur Frage der Bedachtnahme auf ein allgemeines Marktrisiko beim Anlegerschaden.

OGH 19. 2. 2016, 8 Ob 134/15m – ecolex 2016/371, 867

Zur strengeren Aufklärungspflicht bei kreditfinanzierten Wertpapierkäufen.

OGH 14. 1. 2016, 6 Ob 98/15b

Die Frage des Markrisikos ist neben jener der Alternativveranlagung zu prüfen.

OGH 21. 12. 2015, 6 Ob 177/15w

Der Zweck des § 26 InvFG (aF) liegt darin, dem potentiellen Anleger durch das Vorsehen verpflichtender Prospektinhalte eine umfassende und objektive Grundlage für seine Erwerbsentscheidung zu bieten; zur nach dieser Bestimmung sinngemäß anzuwendenden Vorschrift des § 11 KMG hat der OGH bereits ausgesprochen, dass dieser eine Prospekthaftungsregel enthält, bei der es um die Sanktionierung irreführender Anlegerinformationen geht.

OGH 15. 12. 2015, 4 Ob 112/15x

Zur zivilrechtlichen Prospekthaftung und Anwendbarkeit deutschen Rechts.

OGH 26. 11. 2015, 6 Ob 210/15y

Zur Eigenhaftung des Vorstands eines Vermögensverwaltungsunternehmens.

OGH 18. 11. 2015, 3 Ob 212/15w

Zur Haftung der Prospektkontrollorin bei „Herald Fonds“.

OGH 22. 10. 2015, 10 Ob 86/14s

Zur Frage, ob ein Dritter für falsche Ad-hoc-Meldungen haftet, wenn er diese im Auftrag der Emittentin veröffentlicht:
Wenn von einer der Beklagten zurechenbaren Person vorsätzlich eine Handlung gesetzt wurde, die eine Beteiligung an der Verbreitung einer unrichtigen oder irreführenden Ad-hoc-Meldung darstellt, haftet die Beklagte – wie die Emittentin – nach § 1301 ABGB für diese Schutzgesetzverletzung den dadurch geschädigten Anlegern.

OGH 16. 10. 2015, 7 Ob 116/15g

Zur Anlegerentschädigung nach § 75 WAG 2007:
Die Wertpapiervermittlerin darf kein Kundenvermögen (Finanzinstrumente bzw Kundengelder) bei sich halten; ein solches Halten von Kundenvermögen ist konzessions- und damit rechtswidrig; als „Halten“ kommt auch ein mittelbares Halten in Betracht; ein solches liegt etwa vor, wenn sich nicht das Wertpapierunternehmen selbst, sondern ein mit ihm sonst rechtlich oder wirtschaftlich verbundener Rechtsträger die Kundengelder oder die Finanzinstrumente aneignet; in Betracht kommt auch eine Verflechtung der beiden Rechtsträger iSe Beherrschung oder einer weitgehenden Identität der Eigentümer.

OGH 25. 9. 2015, 6 Ob 153/15s – VbR 2016/23

Verjährung des Ersatzes von Anlegerschäden bei mehreren Beratungsfehlern.

OGH 17. 9. 2015, 3 Ob 142/15a

Zum Anlegerschaden eines „Wirtschaftsanwalts“: Ob die Veranlagung sinnvoll ist (ob also die Chancen auf eine Rendite über dem allgemeinen Marktzins das Risiko rechtfertigen, die Kosten der Fremdfinanzierung dennoch nicht decken zu können), ist eine wirtschaftliche Beurteilung, die jedenfalls ein Anleger wie der vorliegende selbst vorzunehmen hat (hier: aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmender „Wirtschaftsanwalt“). Dass der Erwartung einer Verdopplung des Index eine nur geringe Wahrscheinlichkeit des Eintritts innewohnt, musste jedermann klar sein, der sich mit derartigen Geschäften auseinandersetzt, jedenfalls aber diesem Anleger; einer Aufklärung über diese offenkundig geringe Wahrscheinlichkeit durch die das Anlageprodukt ausgebende und kreditfinanzierende Bank bedurfte er daher – mangels gegenteiliger Hinweise – nicht.

OGH 17. 9. 2015, 3 Ob 112/15i – EvBl-LS 2015/176 (Brenn) – ÖBA 2016/2195, 207 (Klausberger/Lenz)

Zur Verjährung von Anlegerschäden bei mehrfach fehlerhafter Beratung; hier erstmals zur Verjährung bei geschlossenen Fonds.

OGH 31. 8. 2015, 6 Ob 90/15a – VbR 2016/24

Drohende vorzeitige Verjährung bei der Anlageberaterhaftung.

OGH 25. 6. 2015, 8 Ob 60/14b

Zum Mitverschulden bei unrichtiger Anlageberatung.

OGH 27. 5. 2015, 8 Ob 45/15y

Auch ein mittelbares Halten (Aneignen) durch die Wertpapierfirma über einen ihr zurechenbaren Dritten ist verboten und entschädigungspflichtig. Die beklagte Anlegerentschädigungseinrichtung hat somit etwa auch dafür einzustehen, dass eine Wertpapierfirma eine Tochtergesellschaft gründet und über diese Anlegermittel verbotener Weise hält.

OGH 27. 5. 2015, 6 Ob 71/15g – ecolex 2015/355

Zur Ad-hoc-Meldepflicht bei Insider-Informationen.

OGH 21. 5. 2015, 1 Ob 43/15b

Zur Frage, ob eine Bank bei einem wirtschaftlichen Naheverhältnis zum Finanzberater auch für dessen pflichtwidrige Verhaltensweise bei der Durchführung eines Effektengeschäfts gemäß § 1313a ABGB haftet.

OGH 20. 5. 2015, 7 Ob 57/15f

Ob der Anlageberater seine Pflichten nach dem WAG 2007 eingehalten hat, ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls. Auch wenn die Veranlagung nicht dem im Erwerbszeitpunkt vorhandenen „Kundenprofil“ entsprach, liegt darin kein Beratungsfehler, wenn der Berater klare Risikohinweise gegeben hat.
Beim (reinen) Depotgeschäft übernimmt die Bank die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren für andere (§ 1 Abs 1 Z 5 BWG). Es handelt sich um ein aus Verwahrungs- und Auftragsvertrag kombiniertes Geschäft, bei dem keinen der beiden Elemente eine bloß untergeordnete Funktion zugemessen werden kann. Hauptpflicht des Verwahrers ist die Obsorge für die anvertraute Sache. Die Depotbank hat die mit den Wertpapieren verbundenen Rechte (Zinsen, Dividenden) geltend zu machen und jährliche Depotaufstellungen zu übermitteln. Hingegen werden die Anschaffung von Wertpapieren und die Umschichtung des Wertpapierbestands davon nicht umfasst.
Inhalt eines Vertrags auf (diskretionäre) Vermögensverwaltung ist demgegenüber die Verwaltung eines Kundenportfolios mit Verfügungsmacht im Auftrag des Kunden. Der Vertragspartner erhält vom Kunden den mit einer entsprechenden Vollmacht gekoppelten Auftrag, einen Teil seines Vermögens oder sein Gesamtvermögen, das aus Finanzinstrumenten besteht, entsprechend den Anlagerichtlinien im Namen und auf Rechnung des Kunden zu gestionieren, und zwar im Regelfall ohne vorherige Rücksprachepflicht mit dem Kunden. Der Vermögensverwaltungsvertrag ist als Bevollmächtigungsvertrag im Sinn der §§ 1002 ff ABGB einzuordnen. Den Vermögensverwalter trifft eine umfassende Interessenwahrungs- sowie entsprechende Informationspflicht.
Das Depotgeschäft fällt zwar nunmehr gemäß § 1 Z 3 lit a und § 38 WAG 2007 unter die Wohlverhaltensregeln der §§ 36 bis 51 WAG 2007. Diese können aber naturgemäß nur im Rahmen des Pflichtenkreises des (haftpflichtigen) Rechtsträgers zur Anwendung gelangen. Allein aus der Unterwerfung unter die Wohlverhaltensregeln ergibt sich keine Änderung der vertraglich übernommenen Pflichten.

OGH 27. 4. 2015, 6 Ob 28/15h

Hat daher der Beklagte dem Kläger entgegen dieser Verpflichtungen nicht alle für die Anlageentscheidung maßgeblichen Informationen erteilt, so war der Kläger – unabhängig von seiner Risikobereitschaft – aufgrund der ihm vorenthaltenen Informationen nicht in der Lage, das drohende Risiko umfänglich einzuschätzen, also die Auswirkungen seiner Anlageentscheidung zu erkennen.

OGH 23. 4. 2015, 1 Ob 6/15m

Zur Verjährung nach § 1489 ABGB bei Haftung der Bank als mittelbares Wertpapierdienstleistungsunternehmen.
Es ist mittlerweile gefestigte Rsp des OGH, dass eine Bank, die Effektengeschäfte ausführt, für die mangelhafte Beratung ihrer Kunden durch ein von ihr beigezogenes („kundennäheres“) Wertpapierdienstleistungsunternehmen haftet, wenn deren Mitarbeiter konkrete Anhaltspunkte dafür hatten oder sogar positiv wussten, dass das kundennähere Unternehmen seine Pflichten nicht erfüllte, oder wenn die Bank dieses Unternehmen ständig mit dem Vertrieb von Anlageprodukten betraut und so in die Verfolgung ihrer eigenen Interessen eingebunden hatte; für den Beginn der Verjährungsfrist gem § 1489 Satz 1 ABGB kommt es auf die tatsächliche Kenntnis von objektiv relevanten Umständen und nicht auf deren rechtliche Würdigung an.

OGH 21. 4. 2015, 3 Ob 44/15i – ecolex 2015/354 (Graf)

Zu verschuldetem Kursverfall nach Wertpapiererwerb.

OGH 24. 3. 2015, 4 Ob 239/14x
OGH 20. 3. 2015, 9 Ob 26/14k – ecolex 2015, 841

Umfassend zu Fragen im Zusammenhang mit der „Ad-hoc-Meldung“ gem § 48d BörseG (insb zu dessen Schutzgesetzcharakter sowie zum Schutzzweck dieser Norm).

OGH 20. 3. 2015, 9 Ob 38/14z

Zu Prospekthaftung und Prospektbegriff.

OGH 12. 3. 2015, 7 Ob 21/15m

Zur Frage nach der Anlageberaterhaftung während eines aufrechten Vermögens-verwaltungsvertrags:
Erfolgt die behauptete Schadenszufügung – wie hier – im Rahmen eines auf einer Gesamtstrategie beruhenden, immer noch aufrechten Vermögensverwaltungsvertrages, so bedeutet dies, dass der Vermögensverwalter bei pflichtgemäßem rechtzeitigen Verkauf der Veranlagung den Verkaufspreis nicht an die Klägerin herausgegeben, sondern diesen anders veranlagt hätte. Diese Veranlagung könnte durchaus einem – vom Vermögensverwalter nicht zu vertretenden – Kursverfall unterliegen, der im Zusammenhang mit der fiktiven Entwicklung bei vertragskonformer Gesamtstrategie zu beachten wäre. Daraus folgt aber, dass ein allfälliger Anspruch der Klägerin, die auf den Ersatz des Erfüllungsinteresses verwiesen ist, jedenfalls nicht im – hier geltend gemachten – Ersatz des Erwerbspreises einer Teilveranlagung gegen Rückführung dieser Veranlagung bei weiterhin aufrechtem Vertrag besteht. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass das Klagebegehren bereits aus diesem Grund unschlüssig (im eigentlichen Sinn) geblieben und damit erörterungsbedürftig sei, hält sich im Rahmen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung.

OGH 3. 3. 2015, 1 Ob 17/15d

Zu rechtsgrundloser Gutschrift der Depotbank:

Die Gutschrift des (vermeintlichen) Verkaufserlöses durch die Depotbank am Konto der Beklagten erfolgte im zweipersonalen Verhältnis und begründete mangels Anweisungslage keine abstrakte Verbindlichkeit des klagenden Kreditinstituts, weil es selbst an den Kunden eine Leistung – hier aus dem Kommissionsverhältnis – erbringen. In einem solchen Fall hat die Buchung am Konto bloß deklaratorische Bedeutung, weswegen eine grundlose Gutschrift ohne weiteres berichtigt werden kann.
Die Buchung am Konto der Beklagten beruhte auf dem zwischen den Parteien bestehenden Kommissionsverhältnis. Mit der Zuzählung des (vermeintlichen) Erlöses aus dem Kommissionsgeschäft wurde daher gerade kein Rechtsschein begründet, nach dem die Beklagte – mag sie auch gutgläubig gewesen und wegen der (irrtümlichen) Zahlung des Dritten an die Kommissionärin von einem wirksamen Wertpapierverkauf ausgegangen sein – berechtigt darauf vertrauen hätte können, die Zahlung sei einem anderen als der Klägerin zuzurechnen. Damit stellt sich hier – wie generell im zweipersonalen Verhältnis – erst gar nicht die Frage, ob die Leistung für einen anderen als dem Erbringer erfolgt sein konnte, weswegen die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung auch nur zwischen der durch die Leistung verkürzten Klägerin und der durch die Ausnützung der Gutschrift bereicherten Beklagten stattfinden kann.

OGH 25. 2. 2015, 9 Ob 63/14a – JBl 2015, 256

Zur Haftung des Prospektkontrollors gem § 26 Abs 2 InvFG 1993 bei ausländischen Kapitalanlagefonds (unter Anschluss an die Entscheidung 5 Ob 26/14f sowie unter ausdrücklicher Ablehnung der zu 2 Ob 41/14i vertretenen Gegenansicht).

OGH 19. 2. 2015, 6 Ob 7/15w

Zur Schadensberechnung beim Anlegerschaden:

Bei einer Kapitalveranlagung liegt ein zu ersetzender Schaden bereits darin, dass ein Anleger kein wertstabiles (wie von ihm gewünscht), sondern ein Kursschwankungen unterliegendes Wertpapier erworben hat. Für das Vorliegen eines realen Schadens reicht es aus, dass die Zusammensetzung des Vermögens des Geschädigten nach dem schadensbegründenden Ereignis nicht seinem Willen entspricht.
Entschließt sich der Geschädigte, die unerwünschte Anlage vorläufig noch zu behalten, besteht ein vereinfacht als „Naturalrestitution“ bezeichneter Anspruch, der auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen einen Bereicherungsausgleich durch Übertragung des noch vorhandenen Finanzprodukts an den Schädiger gerichtet ist. Hätte der Anleger bei richtiger Beratung die Anleihen nicht gekauft, hat er daher im Rahmen der Naturalrestitution (§ 1323 ABGB) – Zug um Zug gegen Übertragung der Anleihen – Anspruch auf Rückzahlung der zum Erwerb der Anleihen gezahlten Kaufpreise abzüglich der erhaltenen Zinszahlungen. Sind die Wertpapiere noch nicht verkauft, so besteht beim Anlegerschaden kein Wahlrecht zwischen „Naturalersatz“ und Differenzanspruch.
Durch die Notwendigkeit, ein Leistungsbegehren in diesem Sinne zu erheben, wird die Möglichkeit des Anlegers, auf dem Rücken des Schädigers zu spekulieren, verhindert.
Dieser Zweck der Beschränkung des Schadenersatzanspruchs, wenn der Anleger die Papiere behält, auf die Naturalrestitution steht einem beliebigen Wechsel zwischen einem Begehren auf Ersatz des Differenzschadens und einem solchen auf Naturalrestitution im aufgezeigten Sinn entgegen. Der Anleger muss sich vielmehr entscheiden, ob er die Wertpapiere behalten will. Diesfalls steht ihm nur der Anspruch auf Naturalrestitution zu. Veräußert er hingegen die Papiere, so kann er den Differenzanspruch begehren. Dabei handelt es sich um einen Anwendungsfall der konkreten Schadensberechnung, der nicht durch Rückgriff auf hypothetisch erzielbare Kurserlöse zu fiktiven Zeitpunkten ersetzt werden kann. Gerade bei bloßen Vermögensschäden aufgrund von Beratungsfehlern, die naturgemäß nicht mit einem Eingriff in ein (anderes) konkret geschütztes Rechtsgut verbunden sind, scheidet eine abstrakte Schadensberechnung jedenfalls dann aus, wenn es sich um volatile Vermögenswerte handelt.
Daher kann bei Anlegerschäden – anders als in anderen Fällen der – das Gericht auch nicht etwa statt eines erhobenen Begehrens auf Ersatz des Differenzschadens als Minus eine Zahlungspflicht Zug um Zug gegen Rückgabe der Wertpapiere auferlegen.

OGH 19. 2. 2015, 6 Ob 229/14s

Für den Umfang der Aufklärungs- und Beratungspflichten sind stets die konkreten Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Nach ständiger Rechtsprechung ist an die Sorgfalt, die die Bank bei Effektengeschäften gegenüber dem Kunden anzuwenden hat, grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen. Die Informationserteilung muss dem Gebot vollständiger, richtiger und rechtzeitiger Beratung genügen, durch die der Kunde in den Stand versetzt werden muss, die Auswirkungen seiner Anlageentscheidung zu erkennen.
Die konkrete Ausgestaltung der den Anlageberater treffenden Beratungspflichten hängt freilich von den Umständen des Einzelfalls ab, die einerseits in der Person des Kunden (zB Risikobereitschaft, Renditeerwartung) und andererseits im Anlageprodukt liegen […]. Je spekulativer die Anlage und je unerfahrener der Kunde ist, desto weiter reichen die Aufklärungspflichten. Jedenfalls sind die Bank oder andere Berater nicht verpflichtet, einen spekulierenden Kunden zu bevormunden.
Einem versierten und aufgeklärten Bankkunden kann zugemutet werden, seine wirtschaftlichen Interessen als Anleger selbst ausreichend zu wahren; die Anforderungen an die Aufklärungs- und Warnpflicht der Bank dürfen nicht überspannt werden.
§ 13 Z 3 und 4 WAG schreibt die schon bisher von der Rechtsprechung und Lehre zu Effektengeschäften insbesondere aus culpa in contrahendo, positiver Forderungsverletzung und dem Beratungsvertrag abgeleiteten Aufklärungspflichten und Beratungspflichten fest

[…]

Gut vertretbar ist auch die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die Klägerin aufgrund von Spekulationsgeschäften mit ihrem „Privatvermögen“ im Sinne einer Veranlagung bzw Vermögensvermehrung keiner Konzessionspflicht unterliegt. Nach den Gesetzesmaterialien zum BWG benötigt etwa derjenige, der für sein privates Wertpapierdepot über ein Kreditinstitut an der Börse „spekuliert“, hiefür keine Bankkonzession. Die Bewirtschaftung des Privatvermögens wird nur dann verlassen, wenn sich ein Anleger am Markt bankähnlich verhält, also eine Vielzahl von Beziehungen mit anderen Finanzmarktteilnehmern unterhält, professionelle Analyse- und Handelssysteme betreibt und auch die Handelstätigkeit selbst banküblich erfolgt.
Wenngleich juristische Personen kein „Privatvermögen“ im steuerrechtlichen Sinn haben, sprechen schon verfassungsrechtliche Gründe für die Ausnahme von der Konzessionspflicht für Privatveranlagungen auch von juristischen Personen. Daher kann nicht jeder Erwerb bzw jede Veräußerung bereits als „konzessionspflichtiger Handel“ angesehen werden.

OGH 29. 1. 2015, 6 Ob 120/14m

Zu Vergleich zwischen Anleger und Anlageberater und zur Zurechnung eines WPDLU zur ausführenden Bank:

Ob ein zwischen einem Anleger und einem Anlageberater geschlossener gerichtlicher Vergleich, durch den der Anleger einen Teil seines aus Beratungsfehlern entstandenen Schadens abgegolten erhält, auch aus dem selben Fehlverhalten abgeleitete Schadenersatzansprüche gegen eine im Vergleich nicht genannte Bank umfasst, die sich das Verhalten dieses Anlageberaters gem § 1313 ABGB zurechnen lassen muss, ist eine im Einzelfall zu beurteilende Auslegungsfrage. Im Zweifel ist für die am Vergleich nicht beteiligte Bank, die Aufhebung ihrer Verpflichtung nicht anzunehmen (hier: Schadenersatzklage auch gegen die Bank wegen deren eigenen rechtswidrigen schuldhaften Verhaltens, die dem Vertriebspartner bei Vergleichsabschluss bekannt ist – Geltendmachung der Haftung der Bank für den Vertriebspartner gem § 1313 erst lange nach Abschluss des Vergleichs und nach der ersten OGH-E betr Zurechnung eines WPDLU zur ausführenden Bank).

OGH 29. 1. 2015, 9 Ob 43/14k

Zur Auswirkung von „Beschwichtigungsversuchen“ des Anlageberaters auf die Verjährung.

OGH 22. 1. 2015, 1 Ob 241/14v

Zur Haftung des Anlageberaters für Schäden aus späteren selbständigen Nachkäufen des Anlegers.

OGH 20. 1. 2015, 4 Ob 164/14t

Zur Frage einer zulässigen Beschränkung eines im Internet veröffentlichten Angebots durch Disclaimer:

Der Anbieter kann durch einen Disclaimer einen Hinweis geben, wer Adressat des Angebots ist. Der Disclaimer ist eine anerkannte Maßnahme gemäß Art 29 EU-ProspV, falls er nicht allein der Umgehung der inländischen Prospektpflicht dient. Indizien für das Zielpublikum sind in erster Linie die Sprache des jeweiligen Landes und der Hinweis auf dort ansässige Ansprechpartner, Abwicklungs- und Zahlstellen oder Hinweise auf dort geltende Steuerregularien oder -sparmodelle. Weist das Angebot alle vorgenannten inhaltlichen Bezüge zu dem betreffenden Land auf, kann die Prospektpflicht in diesem auch durch einen Disclaimer nicht wirksam ausgeschlossen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Disclaimer die Anforderungen aus Art 29 EU-ProspV erfüllt. Liegen dagegen keine oder nur einige der vorgenannten Indizien vor, kann sich der Anbieter durch einen entsprechenden Disclaimer von der Prospektpflicht im betreffenden Land befreien. Bei Zeichnung über die Internetseiten wäre eine Maske denkbar, in der zeichnungswillige Anleger nach ihrem Herkunftsland gefragt und die Anfrage nicht weiter bearbeitet wird, wenn eines jener Länder dort eingegeben wird, auf die sich das Angebot nicht beziehen soll. Eine Pflicht des Anbieters zur Überprüfung falscher Angaben Zeichnungswilliger besteht nicht.
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Inhalt des maßgeblichen Basisprospekts einschließlich der endgültigen Bedingungen, insbesondere aus den dortigen nur Deutschland betreffenden Besteuerungshinweisen sowie dem Hinweis, dass man diese Informationen nur durch Betätigen der „Akzeptieren“-Taste abrufen kann, ausreichend deutlich, dass der Adressatenkreis für dieses öffentliche Angebot der Emittentin auf den Zielmarkt Deutschland gerichtet war. Eine gezielte Ansprache von potenziellen Anlegern in Österreich, etwa durch Nennung von hier ansässigen Ansprechpartnern, Abwicklungs- und Zahlstellen oder Hinweise auf hier geltende Steuerregularien oder -sparmodelle, ist nicht erfolgt. Deshalb davon auszugehen, dass sich das Angebot erkennbar (nur) an Anleger mit Wohnsitz in Deutschland gerichtet hat. Einer positiven Kenntnis des Inhalts des Disclaimers durch den Anleger bedarf es nicht.
Mangels Vorliegens eines öffentlichen Angebots im Inland besteht daher keine Prospektpflicht nach § 2 Abs 1 KMG. Ein auf § 5 KMG gestützter Rücktritt der Klägerin vom Kaufvertrag kommt damit nicht in Betracht.

OGH 23. 12. 2014, 1 Ob 117/14h

Keine Amtshaftung der Republik Österreich im Zusammenhang mit einem bestimmten ausländischen Kapitalanlagefonds auf Grund vertretbarer Rechtsansicht der FMA im Hinblick auf die Nichtuntersagung von dessen Vertrieb in Österreich.

OGH 18. 12. 2014, 3 Ob 171/14i – ZFR 2015/89, 180

Die Vorteilsanrechnung (der Vorteilsausgleich) betrifft den Fall, dass das haftungsbegründende Verhalten des Schädigers beim Geschädigten nicht nur Nachteile, sondern auch Vorteile auslöste. Die unrichtige Beratung der Kläger durch die beklagte Partei im Jahr 2007 brachte den Klägern aber ausschließlich den Nachteil, der darin bestand, dass sie die Aktien im Jahr 2009 zu einem geringeren Verkaufspreis verkauften.
Der von der beklagten Partei ins Treffen geführte „Vorteil“ beruht hingegen nicht auf der Fehlberatung durch die beklagte Partei im Jahr 2007, sondern auf der – aufgrund einer Beratung der beklagten Partei – im Jahr 2009 gefassten Anlageentscheidung der Kläger, die mit dem unmittelbar haftungsbegründenden Verhalten der beklagten Partei nicht in dem von der Rechtsprechung geforderten sachlichen Zusammenhang mit der ursprünglichen Fehlberatung steht.

OGH 16.12.2014, 4 Ob 155/14v – ÖBA 2015/2108, 376; ZFR 2015/112, 227; RdW 2015/271, 297

Die beklagte Bank war im gegenständlichen Fall zwar nicht als Herausgeberin der Broschüre auf der letzten Seite angeführt. Eine gedankliche Verbindung zur Beklagten wird jedoch insbesondere durch die auf der Titelseite der Broschüre zwei Mal angeführte Internetadresse der Beklagten hergestellt. Auch im kleingedruckten Text auf der Titelseite wird darauf hingewiesen, dass der Kapitalmarktprospekt bei der namentlich und mit Adresse genannten Beklagten während der üblichen Geschäftszeiten aufliegt und auch unter der Homepage der Beklagten zum Download zur Verfügung steht.
Da heutzutage ein wesentlicher Teil der Informationsbeschaffung elektronisch über Internet und Email erfolgt, ist die Nennung ihrer Homepage in Kombination mit der Adresse der Beklagten zur Einsichtnahme in den Kapitalmarktprospekt, berücksichtigt man den Gesamteindruck, der Angabe eines Impressums gleichzuhalten. Das zweimalige Anführen der Internetadresse auf der Titelseite, gemeinsam mit dem kleingedruckten Hinweis auf der Titelseite (der Name, Adresse und Homepage der Beklagten enthält) ist dann aber ausreichend, um einen Vertrauenstatbestand zu schaffen, durch den das Mitwirken der Beklagten an der Prospektgestaltung nach außen zum Ausdruck gebracht wird. Dass diese Nennung ohne Wissen und Willen der Beklagten erfolgt wäre, kann nach den Umständen nicht unterstellt werden. Ihre Haftung für den irreführenden Inhalt des Prospekts ist damit zu bejahen.

OGH 15. 12. 2014, 6 Ob 213/14p

Die konkrete Ausgestaltung der Beratungspflichten, die von einer ganzen Reihe von Faktoren abhängig sind, die sich einerseits auf die Person des Kunden und andererseits auf das Anlageprojekt beziehen, hängt entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab. Gerade dann, wenn das vom Kläger verfolgte Anlageziel und die Einstufung des in Aussicht genommenen Produkts nicht in Einklang stehen, erfordert dies besondere Beratungsleistungen.
(…)
Stellt der Anlageberater ein typisches Risikogeschäft als sichere Anlageform hin und veranlasst er dadurch den Anleger zur Zeichnung einer solchen Beteiligung, dann haftet er für die fehlende Beratung selbst dann, wenn er von der Seriosität des Anlagegeschäfts überzeugt gewesen sein sollte, weil er ein solches Geschäft nicht ohne weiteres als sichere Anlageform anpreisen darf.
(…)
In Anbetracht des Umstands, dass der Erstbeklagte ausdrücklich von einem risikoaversen Produkt sprach, kann der in der Revision vertretenen Auffassung, die Erstbeklagte hätte nicht auf die Möglichkeit eines Kapitalverlusts im Ausmaß von 80 % hinweisen müssen, nicht gefolgt werden. Die Erstbeklagte hat dem Kläger eine Anlage als risikoarm dargestellt, obwohl diese Eigenschaft nicht gegeben war. Dadurch hat sich aber das Verlustrisiko für den Kläger deutlich erhöht.

OGH 27. 11. 2014, 2 Ob 181/14b – ÖBA 2015/2111, 380; ZFR 2015/110, 224

Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 4 Ob 129/12t die Auffassung vertreten, dass eine Bank, die Effektengeschäfte ausführt, für die mangelhafte Beratung ihrer Kunden durch ein von diesen beigezogenes („kundennäheres“) Wertpapierdienstleistungsunternehmen dann haftet, wenn die Bank konkrete Anhaltspunkte dafür hatte oder sogar positiv wusste, dass das kundennähere Unternehmen seine Pflichten nicht erfüllte, oder wenn die Bank dieses Unternehmen ständig mit dem Vertrieb von Anlageprodukten betraut und so in die Verfolgung ihrer eigenen Interessen eingebunden hatte. Sei ein Berater derart in die Interessenverfolgung der Bank eingebunden, würden deren Beratungspflichten mangels legitimen Vertrauens auf eine objektive Beratung durch einen Dritten aufrecht bleiben. Damit hafte die Bank auch für Schäden aufgrund von dessen Verhalten bei der Vermittlung der Anlage.

Diese Rechtsansicht wurde in 8 Ob 104/12w bestätigt. In der Entscheidung 2 Ob 24/13p, die kritische Stellungnahmen der Lehre zu diesem Thema aufzeigt, wurde eine Zurechnung des Wertpapierberaters zur beklagten Bank mit der Begründung bejaht, die beklagte Bank habe unter den gegebenen Umständen nicht erwarten können, dass die Aufklärung der Kunden durch die Wertpapierberater sachgerecht erfolge (vgl 1 Ob 48/12h). An dieser Rechtsprechung haben sich auch die beiden jüngst ergangenen Entscheidungen 9 Ob 46/13z und 10 Ob 34/13t orientiert und gleichzeitig der Bank auch das Verhalten eines mittelbaren Wertpapierdienstleistungsunternehmens im Sinne einer sogenannten „Zurechnungs-Staffel“ zugerechnet (vgl ferner 8 Ob 66/14k).

Die beklagte Partei zeigt kein Abgehen von den Grundsätzen der mittlerweile gefestigten jüngeren Rechtsprechung durch die Vorinstanzen auf, die darauf Bezug nehmen und aufgrund der vom Einzelfall geprägten Umstände davon ausgehen, dass die beklagte Partei nicht von einer fehlerfreien Beratung ihres mittelbaren und von ihr zur Verfolgung eigener Interessen instrumentalisierten Vertriebspartners ausgehen durfte.

OGH 26. 11. 2014, 7 Ob 191/14k

Zur Frage, ob eine Rechtsschutzversicherung einen Rechtsstreit iZm einem Fremdwährungskredit decken muss.

OGH 19. 11. 2014, 6 Ob 172/14h

Zur Rückabwicklung eines Wertpapierkaufs nach Irrtumsanfechtung:

Bei der Irrtumsanfechtung stellt sich das Problem der Individualisierung der Aktien nicht schon bei der Prüfung der Zulässigkeit der Anfechtung, sondern erst auf der Ebene der Rückabwicklung nach § 877 ABGB.

Die Übergabe der Wertpapiere erfolgte jeweils durch Gutschrift am Depot. Damit kam es automatisch und im selben Moment der Übergabe zu einer Vermengung mit den sonstigen von der Beklagten verwahrten Wertpapiere. Der Kläger hat nie bestimmte Stücke erhalten, sondern immer nur eine Anzahl an Zertifikaten auf seinem Depot gutgeschrieben bekommen. Damit ist der Auffassung des Erstgerichts, es handle sich bei den Zertifikaten um eine Gattungsschuld, beizutreten. Durch die Vermengung hat der Kläger einen abgegrenzten Wertanteil erhalten, der problemlos feststell- und rückführbar ist.

OGH 18. 11. 2014, 5 Ob 26/14f – ZFR 2015/45, 87

Ein Prospekt, der von der Möglichkeit der Verbindung der Funktion einer oder mehrerer Manager mit jener des Verwahrers spricht, obwohl die Verbindung der Funktion eines einzigen Managers mit jener des Verwahrers im Zeitpunkt der Prospekterstellung bereits verwirklicht war, stellt das erst durch diese tatsächliche Verbindung entstehende, im Anlassfall auch schlagend gewordene Veruntreuungsrisiko nicht ausreichend dar. Das bestehende Veruntreuungsrisiko erhöht sich dabei auch durch den im Prospekt verschleierten Umstand, dass seit Gründung des Fonds nur ein Manager bestellt war, der dadurch de facto über das gesamte Fondsvermögen ohne jegliche Kontrolle verfügen konnte.

(…)

Dass es sich dabei um einen zentral risikoerhöhenden Umstand handelte, der die Malversationen überhaupt erst ermöglichte, muss eine Großbank wissen. Es wäre daher an ihr als Prospektkontrollorin gelegen, darauf zu dringen, dass der Verkaufsprospekt diesen zentral risikoerhöhenden Umstand in ausreichend klarer Deutlichkeit zum Ausdruck bringt. Die ins Auge fallende Mangelhaftigkeit des Prospekts gerade in diesem Punkt hat bereits das Erstgericht lebensnah hervorgehoben. Einer Großbank ist es daher als grober Sorgfaltsverstoß anzulasten, dennoch den Bestätigungsvermerk zu erteilen

EuGH 12. 11. 2014, C-140/13, Altmann ua – RdW 2015/23, 23

Art. 54 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates ist dahin auszulegen, dass sich eine nationale Aufsichtsbehörde im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens auf die Pflicht berufen kann, gegenüber einer Person, die bei ihr in einem Fall, der weder unter das Strafrecht fällt noch ein zivil- oder handelsrechtliches Verfahren betrifft, Zugang zu Informationen über eine nunmehr in Liquidation befindliche Wertpapierfirma beantragt hat, das Berufsgeheimnis zu wahren, auch wenn das wesentliche Geschäftskonzept dieser Firma in groß angelegtem Anlagebetrug, verbunden mit der bewussten Schädigung von Anlegern, bestand und mehrere Verantwortliche der Firma zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden.

OGH 21.10.2014, 4 Ob 90/14k – ÖBA 2015/2107, 374; ZFR 2014/44, 85; RdW 2015/206, 224

Auch im Rahmen der Prospekthaftung hat der Geschädigte entsprechend den allgemeinen Regeln im Schadenersatzrecht ua die Kausalität der mangelhaften Prospektinformation für die Erwerbsentscheidung zu beweisen. Die Ursächlichkeit ist gegeben, wenn sich der Anleger im Vertrauen auf den ihm bekannten Prospekt zum Kauf entschlossen hat, wenn er also die unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospektangaben tatsächlich zur Grundlage seiner schadensauslösenden Disposition gemacht hat. Maßgeblicher Zeitpunkt für diesen Ursachenzusammenhang ist der des Vertragsabschlusses in Ansehung der konkreten Anlageentscheidung. In der Frage des Kausalitätszusammenhanges zwischen mangelhaften Prospektangaben und dem Anlageentschluss eines Anlegers ist ein Anscheinsbeweis nicht zulässig.

OGH 18. 9. 2014, 3 Ob 131/14g – ÖBA 2015/2103, 298

Das Berufungsgericht legte seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde, dass der Schaden der Klägerin am 1. Februar 2008 eingetreten sei, und zwar dadurch, dass sie kein weitgehend risikoloses, zur Reduktion der Zinsbelastung und zur Absicherung geeignetes, nur bei Durchbrechung von zwei Wechselkursgrenzen schlagend werdendes konservatives Produkt erworben hat, sondern ein hochriskantes, spekulatives Finanzmarktprodukt, das die erwähnten Eigenschaften gerade nicht erfüllte. Diese abweichenden Eigenschaften wurden ihr im Oktober 2008 bekannt.
Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung muss einem Anleger, dem ein aktueller Wertverlust erkennbar wird, auch klar sein, dass er entgegen einer ihm erteilten Beratung sein Geld für ein „riskantes“ Wertpapier ausgegeben hat. Es ist kein Grund erkennbar, warum diese Rechtsprechung nicht auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden sein soll.

[…]

Dass die beklagte Partei eine Kreditausweitung an die Bedingung des Verkaufs der Liegenschaft durch die Klägerin knüpfte, ist noch keine Drohung iSd § 870 ABGB, weil sie keinen ungerechtfertigten Zwang ausübte. Die Beklagte drohte kein „Übel“ an, sondern stellte Bedingungen für die Gewährung einer Kontoüberziehung. Der Beklagten blieb die Freiheit, das von der beklagten Partei im Zusammenhang mit ihrem Wunsch nach Kontoüberziehung abgegebene Angebot auszuschlagen und die Liegenschaft nicht zu verkaufen.

OGH 17. 9. 2014, 4 Ob 126/14d – ÖBA 2015/2095, 226

Die Dokumentationspflichten nach § 22 WAG (früher § 17 WAG) dienen lediglich der Kontrolle der Einhaltung der Wohlverhaltensregeln. Sie wurden ausschließlich im Interesse dieser Kontrolle oder einer strafbehördlichen Verfolgung normiert. Ihre Verletzung bildet keine Grundlage für quasivertragliche oder deliktische Schadenersatzansprüche.

[…]

Die konkrete Ausgestaltung und der Umfang der Beratung ergibt sich jeweils im Einzelfall in Abhängigkeit vom Kunden, insbesondere von dessen Professionalität sowie der von ihm ins Auge gefassten Anlageobjekte. Der Umfang der Aufklärungspflicht hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab.

[…]

Dass § 25 Abs 3 GlücksspielG, der Glückspielveranstalter zu Schutzmaßnahmen zugunsten der Spieler verpflichtet, wegen der „psychologisch ähnlichen Situation“ auch im Anlassfall analog anwendbar sei, wie die Revision meint, ist schon im Ansatz verfehlt.

OGH 17. 9. 2014, 6 Ob 128/14p – ZFR 2015/13, 35; ÖBA 2015/2092, 223

Zu Aufklärungs-, Schutz- und Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit Fremdwährungskrediten und deren Konvertierung in Euro.

OGH 28. 8. 2014, 6 Ob 32/14w – ÖBA 2015/2083, 147; ZFR 2015/43, 82

Zur Haftung des Geschäftsführers in seiner Funktion als Organ eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens wegen Verletzung eines Schutzgesetzes, nämlich wegen Unterlassung des Abschlusses einer Berufshaftpflichtversicherung im Sinne des § 20 Abs 4 und 5 WAG 1996.

OGH 23. 7. 2014, 8 Ob 66/14k – ÖBA 2015/2070, 60

Eingehend zum Verhältnis von Leistungsbegehren und Feststellungsbegehren bei Schäden aus einer Anlageberatung; außerdem zur Frage nach der Zurechnung einer Person als Erfüllungsgehilfe des haftpflichtigen Vertragspartners.

OGH 17. 7. 2014, 4 Ob 73/14k – JBl 2014, 639; ÖBA 2014/2068, 952; ZFR 2014/254, 394; RdW 2015/31, 28

Die Revision zeigt zutreffend auf, dass der Kläger den von ihm erhobenen Vorwurf einer „vorsätzlichen Anlegertäuschung“ in erster Instanz auch darauf gestützt hat, dass die Beklagte seit März 2000 Kenntnis davon gehabt habe, dass der Fonds eine gesetzlich verbotene Anlagestrategie („Frontrunning“ als Form des Insidergeschäftes) verfolge, und dies gegenüber den Anlegern mit dem Vorsatz, sich durch deren Täuschung zu bereichern, verschwiegen habe.
Dass solches Verhalten grundsätzlich (deliktische) Schadenersatzansprüche begründen kann, hat der Oberste Gerichtshof schon wiederholt ausgesprochen.
Als Anspruchsgrundlage kommt dafür einerseits § 1295 Abs 2 ABGB in Betracht. Neben der Prospekthaftung kann der Geschädigte nämlich auch eine rein deliktische Haftung des Prospektkontrollors geltend machen. Der Vorwurf einer Schädigungsabsicht muss mit einem konkreten Sachverhalt nachgewiesen werden, wofür etwa die Kenntnis der Beklagten über das Pyramidenspiel des Managers oder sogar ihre vorsätzliche Beteiligung am Betrugsdelikt in Frage kommt. Ein entsprechendes Sachvorbringen hat der Kläger hier erstattet, […].
Aufgrund der weiteren Tatsachenbehauptung, die Beklagte habe die Kenntnis der verbotenen Fonds-Strategie gegenüber den Anlegern mit dem Vorsatz verschwiegen, sich durch deren Täuschung zu bereichern, kommt als weitere deliktische Anspruchsgrundlage § 874 ABGB (wissentliche Irreführung zum Vertragsabschluss) in Betracht. Die Schadenersatzpflicht nach § 874 ABGB greift auch dann Platz, wenn die arglistige Irreführung nicht durch den Vertragspartner, sondern durch einen Dritten erfolgt ist. § 874 ABGB verpflichtet auch den selbst nicht vertragsbeteiligten Dritten zum Schadenersatz, wenn er den Vertrag durch List bewirkt hat. Auch zu diesem Tatbestand ist das vom Kläger erstattete Vorbringen – entgegen der Auffassung der Vorinstanzen – als schlüssig zu beurteilen, […].

OGH 15. 7. 2014, 10 Ob 33/14x – ÖBA 2015/2073, 68; ZFR 2014/256, 397; RdW 2015/24, 23

Zur Frage nach der rechtlichen Qualifikation von Ansprüchen nach § 23b WAG 1996 und damit nach der Anwendbarkeit der (kurzen) Verjährungsfrist des § 1489 ABGB.

OGH 30. 6. 2014, 5 Ob 208/13v – ÖBA 2015/2081, 141; wbl 2014/222, 652

Die Allgemeinen Auftragsbedingungen für Abschlussprüfungen (AAB AP 2006) führen zu keiner rechtswirksamen (vertraglichen) Verkürzung der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 275 Abs 5 UGB.
Deren zwingender Charakter im Sinn eines verbindlich normierten Mindeststandards folgt nämlich – ungeachtet ihrer nicht allein den Ausschlag gebenden systematischen Stellung – nach Gesetzeszweck und Sinnzusammenhang aus § 275 Abs 4 UGB. Der Abschlussprüfer kann daher für seine Haftung gegenüber Dritten die zwingende fünfjährige gesetzliche Verjährungsfrist nicht durch die Allgemeinen Auftragsbedingungen (AAB) rechtswirksam verkürzen.

OGH 26. 6. 2014, 6 Ob 86/14m – ÖBA 2015/2106, 372 (Kellner); ZFR 2014/255, 396

Für den Umfang der Aufklärungs- und Beratungspflichten sind stets die konkreten Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Nach ständiger Rechtsprechung ist an die Sorgfalt, die eine Bank bei Effektengeschäften gegenüber dem Kunden anzuwenden hat, grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen. Die Informationserteilung muss dem Gebot vollständiger, richtiger und rechtzeitiger Beratung genügen, durch die der Kunde in den Stand versetzt werden muss, die Auswirkungen seiner Anlageentscheidung zu erkennen.
Die konkrete Ausgestaltung der den Anlageberater treffenden Beratungspflichten hängt freilich von den Umständen des Einzelfalls ab, die einerseits in der Person des Kunden (zB Risikobereitschaft, Renditeerwartung) und andererseits im Anlageprodukt liegen; eine erhebliche Rechtsfrage wird dabei nur dann aufgeworfen, wenn eine auffallende Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen vorliegt. Je spekulativer die Anlage und je unerfahrener der Kunde ist, desto weiter reichen die Aufklärungspflichten. Jedenfalls sind die Bank oder andere Berater nicht verpflichtet, einen spekulierenden Kunden zu bevormunden. Einer strengeren Beurteilung unterliegt die Beratung bei kreditfinanzierten Wertpapiergeschäften.

OGH 25. 6. 2014, 2 Ob 41/14i – ÖBA 2014/2066, 950; ZFR 2014/251, 390

Grundsätzlich zur Haftung des Repräsentanten iSv § 25 Z 1 InvFG 1993 sowie speziell zur Frage der Kausalität des Prospektinhalts für die Anlageentscheidung des Klägers.

OGH 25. 6. 2014, 2 Ob 78/14f

Zur Irrtumsanfechtung von Wertpapiergeschäften:

Ob dem Irrenden sein Irrtum selbst hätte auffallen müssen, ist für die Irrtumsanfechtung zwar grundsätzlich belanglos, allerdings können ganz offensichtlich unrichtige Angaben eines Vertragspartners, deren Überprüfung dem anderen Teil offenstand und leicht möglich war, nicht als zur Täuschung geeignete Irreführungshandlungen angesehen werden. Weder die allgemein bekannte Tatsache, dass Aktien risikobehaftete Wertpapiere sind, noch der Verweis auf den Kapitalmarktprospekt und die allgemein gehaltenen Hinweise auf das (Total-)Verlustrisiko ändern etwas daran, dass die von der Beklagten aufgelegte und vom Kläger zur Grundlage seiner Kaufentscheidung gemachte Verkaufsbroschüre das mit den angepriesenen Wertpapieren verbundene Risiko – im Gegensatz zu sonstigen Aktien – als im Hinblick auf die Investition in Immobilien und deren langfristige lukrative Verwertung als deutlich geringer hinstellt. Dem gegenüber treten allgemein gehaltene Risikohinweise völlig in den Hintergrund und veranlassten den Kläger daher, der plausibel aufbereiteten Werbebotschaft zu vertrauen, wonach die hier beworbene Anlage grundlegend sicherer wäre als eine Veranlagung in sonstigen Einzelaktien.
Wird der Irrtum des Klägers durch den Verkaufsprospekt der Beklagten hervorgerufen, kommt es auf die Aufgaben und Pflichten des von ihr zwischengeschalteten Wertpapierdienstleistungsunternehmens nicht an.
Nur wenn dem Kläger Anhaltspunkte für mangelnde Kenntnis der Beklagten über die Produkteigenschaften oder gar für unredliches Verhalten vorgelegen wären, wäre die Beischaffung weiterer Informationen (etwa des Kapitalmarktprospekts) angebracht gewesen. Selbst wenn man einem Anleger das Vertrauen allein auf den Verkaufsprospekt dennoch als Sorglosigkeit anlasten wollte, träte diese Sorglosigkeit gegenüber der primär ursächlichen Fehldarstellung im Verkaufsprospekt weit zurück.
Die Risikogeneigtheit einer Anlageform ist als wesentliche Produkteigenschaft anzusehen und die Fehlvorstellung darüber begründet einen beachtlichen Geschäftsirrtum.

OGH 17. 6. 2014, 1 Ob 104/14x – ÖBA 2015/2074, 70; ZFR 2014/209, 339; RdW 2015/19, 19

Zur Berechtigung eines Feststellungsbegehrens wegen Fehlberatung im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Pensionsvorsorgemodells sowie zur in diesem Zusammenhang erhobenen Unsicherheitseinrede gemäß § 1052 Satz 2 ABGB

OGH 27. 5. 2014, 9 Ob 7/14s

Zur Frage des Umfangs der Anrechnung der vom klagenden Anleger im Konkurs des Wertpapierdienstleistungsunternehmens erhaltenen Beträge auf geltend gemachte Ansprüche gegen die beklagte Entschädigungseinrichtung:

Nach ständiger Rechtsprechung ist der Entschädigungsbetrag in Fällen, in denen der Schaden des Anlegers den in § 75 Abs 2 und § 76 Abs 4 WAG 2007 genannten Betrag (von derzeit 20.000 EUR) übersteigt und der Anleger einen Teil seines eingesetzten Geldes zurück erhält, im Verhältnis des zurückgeflossenen Geldes zum ursprünglichen Schaden zu kürzen. Der zu ermittelnde Einlagensicherungsbetrag ist daher um jenen Prozentsatz zu mindern, mit dem bereits eine quotenmäßige Befriedigung der Ansprüche des Einlegers erfolgte.

OGH 7. 5. 2014, 7 Ob 62/14i – ÖBA 2015/2105, 369 (Klausberger)

Fragen, die den konkreten Umfang von Beratungs- und Aufklärungspflichten von Banken und Anlageberatern betreffen, sind solche des Einzelfalls. Die Informationserteilung hat dem Gebot vollständiger, richtiger und rechtzeitiger Beratung zu genügen, durch die der Kunde in den Stand versetzt werden muss, die Auswirkungen seiner Anlageentscheidung zu erkennen. Sie hat in einer für den Kunden verständlichen Form zu erfolgen, wobei auf dessen persönliche Kenntnisse und Erfahrungen Rücksicht zu nehmen und bei der Verwendung von Fachausdrücken Vorsicht geboten ist.
Der Geschädigte hat den Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem Schadenseintritt zu behaupten und zu beweisen. Beweiserleichterungen dafür – wie im Arzthaftungsrecht – bestehen für geschädigte Anleger nicht. Die Klägerin muss daher sowohl eine Falschberatung durch den Erstbeklagten als auch deren Kausalität für ihre Anlageentscheidung beweisen.

OGH 29. 4. 2014, 2 Ob 30/14x – ÖBA 2014/2067, 951

Zu Fragen im Zusammenhang mit der Verjährung von Schadenersatzansprüchen wegen mangelhafter Anlageberatung (Erkennbarkeit des Schadenseintritts, Beschwichtigungsversuche etc).

OGH 28. 4. 2014, 8 Ob 25/14f

Zu Fragen im Zusammenhang mit Fehlberatung beim Verkauf bereits angeschaffter Wertpapiere.

OGH 13. 2. 2014, 2 Ob 17/13h – JBl 2014, 720; ÖBA 2014/2064, 942; RdW 2014/497, 454; ZFR 2014/253, 393

Umfassend zur Frage der Relevanz der Alternativveranlagung:
„Naturalrestitution“ in Form von Geldersatz gegen Rückgabe des Finanzprodukts ist auch in Fällen, in denen vom Verkauf einer gehaltenen Anlage fälschlicherweise abgeraten wurde, grundsätzlich zulässig. Dann, wenn von einer Wiederveranlagung des Erlöses auszugehen ist, ist auch die Entwicklung der alternativen Veranlagung zu berücksichtigen.

Die sich aus der Volatilität des Finanzprodukts ergebenden Wertveränderungen stellen keinen – drittverursachten – Schaden dar. Jene Teile der Wertveränderung des Anlageprodukts, die ihm immanent sind, also zugunsten größerer Ertragschancen bereits beim Ankauf in Kauf genommen werden, sind daher von jenen Wertveränderungen abzugrenzen, die sich aus der fehlerhaften Beratung ergeben haben. Nur letztere sind ersatzfähiger realer Schaden.

OGH 29. 1. 2014, 7 Ob 221/13w – ÖBA 2014/2033, 544; RdW 2014/426, 399

Grundsätzlich haftet der Anlageberater nicht für das positive Vertragsinteresse. Der Anleger kann nur verlangen, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der Anlageberater pflichtgemäß gehandelt hätte. Der Anlageberater haftet für den Vertrauensschaden. Der Schaden ist durch eine Differenzrechnung zu ermitteln. Es ist dabei der hypothetische heutige (Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz) Vermögensstand ohne das schädigende Ereignis zu ermitteln und von diesem Betrag der heutige tatsächliche Vermögensstand abzuziehen. Auch im Rahmen der Naturalrestitution ist nur dann der gesamte investierte Betrag zurückzuerstatten, wenn der Anleger (ausnahmsweise) bei korrekter Information gar kein Anlageprodukt erworben hätte, das einen Teil- oder Totalverlust erleiden kann, oder jedenfalls so investiert hätte, dass er keine Kursverluste erlitten hätte. Es ist im Zuge der Kausalitätsprüfung zu klären, wie der ordnungsgemäß informierte Anleger disponiert hätte. Den Geschädigten trifft dabei die Behauptungs- und Beweislast nicht nur dafür, dass er bei korrekter Information die Anlageprodukte nicht erworben hätte, sondern auch dafür, wie er sich bei korrekter Information hypothetisch alternativ verhalten und sich so sein Vermögen entwickelt hätte.

Hätte der Kläger bei korrekter Beratung veranlagt, was bei einem vorgefassten Anlageentschluss im Regelfall anzunehmen ist, trifft ihn die Behauptungs- und Beweislast für die Wahl und Entwicklung der hypothetischen Alternativanlage. An die Behauptungslast werden aber keine zu strengen Anforderungen gerichtet. Im Begehren auf Zahlung des veranlagten Betrags wird regelmäßig die Behauptung enthalten sein, dass eine Alternativanlage (zumindest) das Kapital erhalten. Da es sich hier um die Feststellung eines hypothetischen Kausalverlaufs handelt, lässt sich dieser naturgemäß nie mit letzter Sicherheit feststellen, weil das Geschehen eben nicht stattgefunden hat. Es genügt daher die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der Schaden auf das Unterlassen des pflichtgemäßen Handelns zurückzuführen ist. Dieses Kriterium liegt unter dem Regelbeweismaß der ZPO, wonach für eine Feststellung eine „hohe“ Wahrscheinlichkeit erforderlich ist. Der Anleger hat also den Schaden nur „plausibel“ zu machen, dem Berater steht dann der Beweis offen, dass ein anderer Verlauf wahrscheinlicher ist.

OGH 3. 3. 2015, 1 Ob 71/14v
OGH 29. 1. 2014, 7 Ob 235/12b
OGH 22. 1. 2014, 3 Ob 108/13y – RdW 2014/367, 333; ZFR 2014/178, 278
OGH 28. 8. 2013, 6 Ob 190/12b – ÖBA 2014/2046, 750 (Auernig); Wilhelm, Primeo Select Fund: Unvollständiger intransparenter Prospekt fehlerfrei! ecolex 2014, 1; ecolex 2014,130; Graf, Wie intransparent darf ein Prospekt sein? Anmerkungen zur Primeo-Fund-Entscheidung des OGH, ZFR 2014, 12; ZFR 2014/21, 40; RdW 2014/99, 73; Welser, Die Prospektkontrolle in der Rechtsprechung zu den „Madoff-Fällen“ – Anmerkungen zu den Entscheidungen OGH 6 Ob 190/12b, 3 Ob 108/13y und 7 Ob 235/12b, JBl 2014, 613

Umfassend insb zu Fragen betreffend die Prospektkontrolle bzw –haftung bei ausländischen Kapitalanlagefonds.

OGH 17. 2. 2014, 4 Ob 210/13f – ZFR 2014/179, 281
OGH 23. 1. 2014, 6 Ob 187/13p – RdW 2014/208, 185
OGH 17. 12. 2013, 10 Ob 48/13a – RdW 2014/209, 185; ZFR 2014/181, 281
OGH 17. 12. 2013, 10 Ob 46/13g – ÖBA 2015//2079, 132 (Zahradnik/Schöller); RdW 2014/207, 184; wbl 2014/79, 229

Umfassend zur Behauptungs- und Beweislast im Verfahren gegen den Abschlussprüfer aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.

Darüber hinaus zur diesbezüglichen Kausalität:
Kenntnis des Bestätigungsvermerks als Voraussetzung für eine Haftung des Abschlussprüfers setzt zwar nicht eine persönliche Einsichtnahme des Anlegers in den Bestätigungsvermerk und den diesem zugrunde liegenden Jahresabschluss voraus, wohl aber rechtzeitiges Einholen von Informationen über den Bestätigungsvermerk, wobei diese Information auch vom Anlageberater stammen können. Hier wurde der Klägerin vor dem Kauf der Genussscheine über ihre Anfrage vom Versicherungsmakler mitgeteilt, die Bestätigungsvermerke der beklagten Abschlussprüferin seien „in Ordnung“. Das Berufungsgericht hat somit die Kausalität zwischen Bestätigungsvermerk der Beklagten und dem Kaufentschluss der Klägerin zu Recht bejaht.

OGH 23. 1. 2014, 1 Ob 215/13v – JBl 2014, 460; ÖBA 2014/2051, 765; RdW 2014/368, 334; ZFR 2014/185, 288

Eine Anwendung des von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 93 Abs 3 BWG idF vor der Novelle BGBl I 2008/136 entwickelten Rechtssatzes, wonach für den Bereich der Einlagensicherung nicht nur der „Einleger“ berechtigt ist, sondern auch andere Personen, die ihre Identität offenlegen und nachweisen, dass ein Teil der Einlage wirtschaftlich von ihnen stammte, auf die Anlegerentschädigung im Geltungsbereich des § 23b WAG 1996 kommt mangels einer die Analogie rechtfertigenden Gesetzeslücke nicht in Betracht.

OGH 19. 12. 2013, 1 Ob 221/13a – ÖBA 2014/2023, 450; ZFR 2014/149, 234

Zum Lauf der Verjährungsfrist bei mangelhafter Anlageberatung.

OGH 19. 12. 2013, 3 Ob 205/13p

Zur Frage, welche Auswirkungen „Beschwichtigungsversuche“ von Seiten des Anlageberaters auf die Verjährung der Ansprüche von Anlegern haben.

OGH 19. 12. 2013, 3 Ob 209/13a – ÖBA 2014/2032, 538; ZFR 2014/148, 233

Inhalt und Umfang der Beratungspflicht des Anlageberaters sind von einer Reihe von Faktoren abhängig, die sich einerseits auf die Person des Kunden und andererseits auf das Anlageprojekt beziehen. Die konkrete Ausgestaltung der Beratungspflichten hängt damit entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzlich muss die Beratung vollständig, richtig und verständlich sein, sie darf objektive Risken nicht herunterspielen und muss der Rechtslage entsprechen. Ist das Papier in eine höhere Risikoklasse einzustufen als es den Risikovorstellungen des Kunden entspricht, muss eine vollständige, richtige und sorgfältige Beratung auch beinhalten, dass der Berater die Risikoklasse mit dem Kunden erörtert und ihn über deren Bedeutung und Auswirkungen auf das verfolgte Anlageziel aufklärt.

Im Zusammenhang mit der erforderlichen Aufklärung über die Risikoträchtigkeit einer vorgeschlagenen Anlageform liegt dementsprechend ein Beratungsfehler vor, wenn der Anlageberater ein typisches Risikogeschäft als sichere Anlageform hinstellt und dadurch den Anleger zur Zeichnung einer solchen Beteiligung veranlasst. In einem solchen Fall tritt (bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen eines Schadenersatzanspruchs) eine Haftung für die fehlerhafte Beratung auch dann ein, wenn der Anlageberater von der Seriosität des Anlagegeschäfts überzeugt gewesen sein sollte: Er darf nämlich ein solches Geschäft nicht ohne weiteres als sichere Anlageform anpreisen. Eine generelle Aufklärung über ein letztlich jeder Fremdveranlagung immanentes Risiko wie Malversationen ist allerdings bei einer Anlageberatung nicht von vornherein zu verlangen. (…)

Auch wenn man davon ausginge, dass der Anlageberater mangels Erkennbarkeit nicht über die Möglichkeit eines Kursverfalls durch aufgedeckte Marktmanipulationen („Kurspflege“) aufklären musste, wird seine Haftung nach jüngerer Rechtsprechung nicht ausgeschlossen. (…)
Die jüngere Rechtsprechung hat diesbezüglich den Gedanken der Risikoerhöhung ins Treffen geführt: Hat der Berater den Eindruck einer sicheren Anlage vermittelt, muss ins Kalkül gezogen werden, ob die (im Zuge einer Fehlberatung) vorgeschlagenen Papiere etwa in Bezug auf Malversationen wie Kursmanipulationen mit einem deutlich höheren Risiko ausgestattet sind, indem sich das Risiko der Anleger, durch solche Manipulationen Vermögensnachteile zu erleiden, erheblich vergrößert. Eine ansatzweise vergleichbare Begründung enthält die Entscheidung 8 Ob 132/10k, wonach Kursmanipulationen als „Teilaspekt des gesamten Risikobündels der unbesicherten Kursabhängigkeit“ zu sehen sind.

Der erkennende Senat hat sich in seiner Entscheidung 3 Ob 220/12t diesen Grundsätzen bereits angeschlossen.

OGH 17. 12. 2013, 4 Ob 135/13a – ÖBA 2014/2024, 453; RdW 2014/210, 185; ZFR 2014/180, 281

Von den Klägern wurde die Feststellungsklage noch innerhalb der Verjährungsfrist eingebracht, das (Eventual-)Leistungsbegehren jedoch erst nach deren Ablauf erhoben. Die Kläger haben – entsprechend einer früher unklaren beziehungsweise schwankenden Rechtsprechung – Feststellungs- und Leistungsbegehren aufrecht bestehen gelassen, wobei jedoch Ziel beider Begehren der Ersatz des aus dem Erwerb des Anlageprodukts entstandenen Schadens gewesen ist; diesen haben die Kläger auch (im Rahmen des Eventualleistungsbegehrens) beziffert. Dass dieser Schaden – nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung – von Anfang an nicht mit Feststellungs-, sondern mit Leistungsbegehren geltend zu machen gewesen wäre, kann nicht zur Abweisung auch des Leistungsbegehrens wegen Verjährung (letztlich somit beider Begehren) führen, wenn jedenfalls eines dieser Begehren innerhalb der Verjährungsfrist erhoben wurde und ein Begehren inhaltlich berechtigt ist

Es kann zwar grundsätzlich ein Mitverschulden des Kunden in Betracht kommen, das die Schadenersatzpflicht des Anlageberaters mildert, was etwa dann der Fall ist, wenn dem Kunden auf Grund seines Wissensstandes die Unrichtigkeit der Beratung hätte auffallen müssen oder Informationsmaterial nicht beachtet bzw Risikohinweise nicht gelesen werden. Im Anlassfall fällt aber ins Gewicht, dass zwischen dem Erfüllungsgehilfen der Beklagten und dem Erstkläger ein besonderes Vertrauensverhältnis bestand und dass der Berater dem Erstkläger gegenüber die Bedeutung des Informationsmaterials sowie der schriftlichen Unterlagen heruntergespielt hat, indem er wiederholt die Mündelsicherheit der Anlage betont hat. Zutreffend haben die Vorinstanzen deshalb eine Sorglosigkeit der Kläger in eigenen Angelegenheiten verneint.

OGH 11. 12. 2013, 7 Ob 194/13z – ÖBA 2014/2018, 390; RdW 2014/284, 260; ZFR 2014/118, 188

Zur Beweislast im Verfahren gegen den Abschlussprüfer aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.

OGH 10. 11. 2013, 7 Ob 198/13p – ÖBA 2014/2019, 390; RdW 2014/212, 187

Zur Verjährung von Schadenersatzansprüchen auf Grund mangelhafter Anlageberatung:

Im Zuge des Ankaufs von Wertpapieren oder Veranlagungen kann die Kursentwicklung einen Indikator für die vom Anleger unerwünschte Risikoträchtigkeit einer Anlageform und für eine Fehlberatung abgeben. Einem Anleger, der davon ausgeht, dass die ihm vermittelte Anlageform keinem Kursrisiko unterliegt, muss ein Irrtum in dem Moment bewusst werden, in dem ihm bekannt wird, dass sein Anlageprodukt eine negative Kursentwicklung nimmt. Eindeutiges Indiz für den Anleger sind an ihn gerichtete Depotstands- oder Kontostandsauszüge und Mitteilungen zB des Emittenten oder des Beraters. Ist dem Anleger aus derartigen Unterlagen ein aktueller Wertverlust erkennbar, muss ihm auch klar sein, dass er entgegen der ihm erteilten Beratung sein Geld für ein Kursschwankungen unterworfenes Wertpapier ausgegeben hat. Auf Grund der Kenntnis des Kursverlusts liegt somit die Kenntnis der falschen Risikoklasse und des Beratungsfehlers auf der Hand.

OGH 29. 10. 2013, 9 Ob 44/13f – ÖBA 2014/2003, 208; RdW 2014/87, 66

Zur Frage, was die für die Schadensermittlung maßgebliche vereinbarungskonforme fiktive Alternativstrategie ist:

Der Oberste Gerichtshof teilt die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass es sich bei der Auslegung des Begriffs „variable Erträge“ im schriftlichen Kundenprofil der Klägerin um eine Urkundeninterpretation und damit eine rechtliche Beurteilung handelt. Diese rechtliche Beurteilung, an die die Vorinstanzen im zweiten Rechtsgang gebunden waren (§ 511 Abs 1 ZPO), traf bereits der Oberste Gerichtshof in seinem Beschluss vom 11. 5. 2010 (9 Ob 85/09d). Er führte insbesondere aus, dass nach der Natur des von der Klägerin erteilten Auftrags und ihres einzigen angegebenen Anlagewunsches nach variablen Erträgen ohne weiteres davon auszugehen sei, dass ihr Veranlagungsziel in einem entsprechend ausgewogenen Verhältnis zwischen risikoarmen und risikoträchtigeren Wertpapieren im Rahmen einer Gesamtstrategie bestanden habe. Dazu habe das Erstgericht ausgeführt, dass dem Anlageziel der Klägerin am ehesten eine Anlage in Anleihen – auch in fremder Währung oder mit variablen Kupons – sowie in Rentenfonds entsprochen hätte. Diese „Feststellung“, hinsichtlich der bereits das Erstgericht in der rechtlichen Beurteilung seines Urteils im ersten Rechtsgang auf eine verständige Auslegung nach § 914 ABGB Bezug nahm, ist bloß eine Konkretisierung dessen, was im konkreten Fall eine vertragskonforme Gesamtstrategie gewesen wäre. Grundlage dieser vertragskonformen Gesamtstrategie war hier im Wesentlichen die Höhe des Risikos, das die Beklagte bei der Veranlagung aufgrund des von der Klägerin angegebenen – und bei Vertragsauslegung nach § 914 ABGB ermittelten – Anlageziels eingehen durfte.

Die Klägerin muss sich auch den Abzug des festgestellten Restdepotwerts gefallen lassen. Haftet nämlich ein Schuldner für den Nichterfüllungsschaden, dann hat er dem Gläubiger den Schaden zu ersetzen, der diesem durch die pflichtwidrige Nichterfüllung entstand (positives Vertragsinteresse); der Gläubiger muss regelmäßig so gestellt werden, wie wenn ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Da zur Schadensermittlung das Ergebnis der pflichtwidrigen Vermögensverwaltung der fiktiven Entwicklung der vereinbarungskonformen Vermögensverwaltung gegenüberzustellen ist, ist der vom Erstgericht festgestellte Depotwert, den die Klägerin durch Verkauf der in diesem Depot noch enthaltenen Wertpapiere jederzeit lukrieren kann, als vorhandenes Aktiva bei der Ermittlung ihres Schadens zu berücksichtigen.

OGH 29. 1. 2015, 6 Ob 120/14m
OGH 4. 11. 2013, 10 Ob 34/13t – ÖBA 2014, 199 (P. Bydlinski); ecolex 2014/82, 225 (Wilhelm); RdW 2014/211, 186
OGH 29. 10. 2013, 9 Ob 46/13z – ÖBA 2014, 200 (P. Bydlinski); RdW 2014/164, 135
OGH 17. 12. 2012, 4 Ob 129/12t – ÖBA 2013/1921, 431 (Rabl); P. Bydlinski, Haftung der Bank für Fehlberatung durch den Vertriebspartner? ÖBA 2013, 463; Graf, Bank haftet für ständig betrauten Vertriebspartner, ecolex 2013/762; ecolex 2013/308, 770; Leupold/Ramharter, Zurechnungsfragen beim arbeitsteiligen Vertrieb von Wertpapieren, RdW 2013/447, 445; RdW 2013/456, 462; EvBl 2013/45, 316 (Foglar-Deinhardstein); ZFR 2013/45, 85 (Steinmair); wbl 2013/81; VbR 2013/9, 21

Zur Frage, ob einer Bank das Verhalten des Anlageberaters nach § 1313a ABGB zuzurechnen ist.

Im Allgemeinen ist eine Bank, die von einem selbständigen Wertpapierdienstleister im Namen eines Kunden den Auftrag zur Durchführung eines Effektengeschäfts erhält, nicht selbst zur Beratung der Kunden verpflichtet. Denn dem Kunden stehen mit der Bank und dem Beratungsunternehmen zwei Dienstleister gegenüber, die beide unter die (in concreto noch anwendbaren) §§ 11 ff WAG 1997 fallen. In einem solchen Fall ist grundsätzlich nur das kundennähere Unternehmen (idF: der Berater) verpflichtet, eine anleger- und objektgerechte Beratung vorzunehmen; das kundenfernere Unternehmen (idF: die Bank) trifft eine entsprechende Pflicht nur dann, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür hat oder sogar positiv weiß, dass das kundennähere Unternehmen seine Pflichten nicht erfüllt hatte.

Besteht danach keine Verpflichtung des kundenferneren Dienstleisters (dh der Bank) zur Beratung des Kunden, kann ihm eine mangelhafte Beratung durch den kundennäheren Dienstleister (dh den Berater) nach § 1313a ABGB nicht zugerechnet werden. Denn der Berater wird in diesem Fall ja gerade nicht im Pflichtenkreis der kundenferneren Bank tätig.

Dieses Ergebnis setzt allerdings voraus, dass der Berater tatsächlich unabhängig von der Bank agiert.

Wird hingegen ein Vermögensberater von einem anderen Wertpapierdienstleister ständig mit der Vermittlung von bestimmten Anlageprodukten betraut, so entsteht dadurch ein wirtschaftliches Naheverhältnis, das es – ungeachtet einer eigenen vertraglichen Verpflichtung des Beraters gegenüber dem Kunden – rechtfertigt, ein Verschulden des Beraters nach § 1313a ABGB der Bank zuzurechnen.

Die Bank muss den Schaden allerdings nur dann endgültig tragen, wenn sie den Beratungsfehler verschuldet hat, etwa durch mangelhafte Informationen, oder wenn der Berater nicht in der Lage ist, Regressansprüche zu erfüllen; in diesem Fall liegt es nämlich nahe, das Risiko einer Insolvenz des Beraters der Bank zuzuordnen und nicht den Kunden, weil die Bank ihre Vertriebspartner auswählt, sich dadurch Kosten erspart und aus deren Tätigkeit Gewinn zieht.

OGH 29. 10. 2013, 9 Ob 43/13h – ÖBA 2014/2030, 528; RdW 2014/213, 187; ZFR 2014/146, 231 (Brandl)

Es ist ständige Rechtsprechung, dass ein durch irreführende Werbebroschüren verursachter Irrtum über die Risikogeneigtheit und Wertstabilität eines Wertpapiers als Haftungsgrund für einen Schadenersatzanspruch in Betracht kommt. Dass der Kläger seine Wertpapiere trotz erheblicher Kursstürze Ende Juli 2007 und mehrfacher Verkaufsempfehlungen seines Finanzberaters behielt, steht daher – entgegen der Rechtsansicht der Beklagten – weder einer kausalen Schadensverursachung durch die Beklagte entgegen noch begründet es ein Mitverschulden des Klägers an dem – bereits durch den Erwerb der Wertpapiere eingetretenen – Schaden.
Sollte die Beklagte mit ihrem Mitverschuldenseinwand auf eine Verletzung der Schadensminderungspflicht abzielen, lässt sie die durch die Prospektangaben verursachte unklare Situation des Klägers und dessen Risiko, sich dem nachträglichen Vorwurf eines unnötigen und voreiligen Panikverkaufs auszusetzen, unberücksichtigt. Dazu kommt, dass die Verkaufsempfehlung des Finanzberaters nach dem festgestellten Sachverhalt nicht mit Sachargumenten begründet war. Die Beklagte hätte schließlich auch selbst aufgrund des rasanten Kursverfalls den Kläger zum Verkauf der Wertpapiere auffordern können. Voraussetzung für die Prospekthaftung ist, dass der in Anspruch Genommene die Unrichtigkeit der Prospektangaben kannte oder kennen musste. Die Beweislast für die Schuldlosigkeit trifft dabei den Schädiger.
Da dem Kläger durch den irreführenden Werbeprospekt der Beklagten als Depotbank, für den sie (mit-)verantwortlich gezeichnet hat, ein Schaden entstanden ist, hat er einen Anspruch auf Naturalrestitution, das heißt auf Rückzahlung des angelegten Betrags abzüglich inzwischen erzielter Erträge (zB Dividenden) Zug um Zug gegen Herausgabe des Finanzprodukts.

OGH 28. 10. 2013, 8 Ob 105/13v – RdW 2014/154, 128; ÖBA 2014/2010, 289; ZFR 2014/116, 185

Zur Kausalität bei der Haftung des Abschlussprüfers:

Der Vertrag zwischen Abschlussprüfer und der geprüften Gesellschaft stellt einen Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter dar, der alle potentiellen Gläubiger der Gesellschaft erfasst. Stellt der Abschlussprüfer schuldhaft einen unrichtigen Bestätigungsvermerk aus, so wird er einem Dritten, der im Vertrauen auf die Verlässlichkeit des Bestätigungsvermerks disponiert und dadurch einen Schaden erleidet, ersatzpflichtig. Der geschädigte Anleger hat zu behaupten und zu beweisen, dass er seine Anlageentscheidung im Vertrauen auf den erteilten Bestätigungsvermerk getroffen und diesen zur Grundlage seiner schadensauslösenden Disposition gemacht hat.
Ein solches Vertrauen kann zunächst durch die Kenntnis des konkreten Bestätigungsvermerks geschaffen werden. Ein auf einen Bestätigungsvermerk gegründetes Vertrauen ist auch denkbar, wenn die auf die Anlageentscheidung positiv einwirkende Beratung des (hier) Versicherungsmaklers von den erteilten Bestätigungsvermerken beeinflusst gewesen wäre. Dies setzt aber voraus, dass der Versicherungsmakler die Bestätigungsvermerke gekannt oder sonst von deren Erteilung erfahren hat.

OGH 28. 10. 2013, 8 Ob 27/13y – RdW 2014/153, 128

Ob die festgestellten Risikohinweise objektiv ausreichend und vollständig waren, kann immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. Der Anlegerin war bei Abschluss des Vertrags bewusst, dass speziell im Fall des von ihr gewünschten vorzeitigen Ausstiegs aus dem langfristigen Anlageplan keine völlige Sicherheit bestand, das eingesetzte Kapital zur Gänze zurückzubekommen, weil künftige Bonusanteile hinter den Erwartungen zurückbleiben konnten, bei einer Anlage in britischen Pfund ein Wechselkursrisiko bestand und auch noch Provisionen und Spesen anfielen. Ein Kapitalverlust ist, lässt man die Vertragsspesen außer Betracht, tatsächlich nicht eingetreten. Die Ursache für das Ausbleiben eines Gewinns war nach der (dislozierten) erstgerichtlichen Feststellung vor allem die ungünstige Kursentwicklung des britischen Pfunds. Genau dieses Risiko hatte die Anlegerin aber – aus Mangel an Vertrauen in die damals noch „junge“ Eurowährung – ganz bewusst in Kauf genommen.

OGH 24. 10. 2013, 6 Ob 16/13s – ÖBA 2014/1991, 116; RdW 2014/98, 72; ZFR 2014/117, 186

Zur Frage, wann die in § 11 Abs 7 KMG aF iVm § 26 Abs 2 InvFG 1993 verankerte Präklusivfrist zu laufen beginnt:

Nach § 11 Abs 7 KMG idF vor 10. 8. 2005 mussten Ansprüche der Anleger nach diesem Bundesgesetz bei sonstigem Ausschlusse binnen fünf Jahren nach Beendigung des prospektpflichtigen Angebots gerichtlich geltend gemacht werden. Bei dieser Frist handelte es sich um eine Präklusivfrist, die auf alle vor dem 10. 8. 2005 entstandenen Ansprüche anzuwenden ist. § 11 Abs 7 KMG stellt auf die „Beendigung des prospektpflichtigen Angebots“ als fristauslösendes Moment ab. Für Daueremissionen scheint jene Auffassung durchaus vertretbar, wonach die Frist des § 11 Abs 7 KMG mit der Veröffentlichung des der konkreten Zeichnung folgenden Emissionsprospekts zu laufen beginnt. § 11 Abs 7 KMG knüpft bezüglich des Fristbeginns objektiv an ein bestimmtes Ereignis an („Ende des prospektpflichtigen Anbots“); eine Anknüpfung nach subjektiven Maßstäben scheidet somit hier aus.

OGH 12. 9. 2013, 10 Ob 39/13b

Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen:

Zur Legitimation des Anlegers bei Vinkulierung.

OGH 9. 9. 2013, 6 Ob 98/13z
OGH 27. 8. 2013, 4 Ob 89/13m – RdW 2014/41, 25; ÖBA 2014/2004, 210; ZFR 2014/53, 88

Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen:

Zum Begriff des Haltens von Kundengeldern (dieser kann auch durch das Halten durch einen mit dem Wertpapierunternehmen rechtlich oder wirtschaftlich verbundenen Rechtsträger erfüllt sein) sowie zum Verbot der Einlagenrückgewähr.

OGH 20. 1. 2014, 4 Ob 159/13f
OGH 29. 10. 2013, 9 Ob 51/13k
OGH 19. 9. 2013, 2 Ob 111/13g
OGH 17. 9. 2013, 7 Ob 108/13b
OGH 17. 9. 2013, 7 Ob 74/13b – RdW 2014/97, 72
OGH 30. 7. 2013, 2 Ob 77/13g
OGH 30. 7. 2013, 2 Ob 228/12m
OGH 23. 7. 2013, 10 Ob 59/12t
OGH 23. 7. 2013, 10 Ob 25/13v
OGH 23. 7. 2013, 10 Ob 27/13p – ÖBA 2014/1992, 119
OGH 23. 7. 2013, 10 Ob 16/13w
OGH 4. 7. 2013, 6 Ob 49/13v
OGH 25. 6. 2013, 9 Ob 37/13a – ZFR 2014/114, 181
OGH 25. 6. 2013, 3 Ob 37/13a
OGH 20. 6. 2013, 5 Ob 215/12x – RdW 2013/659, 668
OGH 18. 6. 2013, 4 Ob 40/13f – ZFR 2013/192, 327
OGH 29. 5. 2013, 9 Ob 55/12x – ZFR 2013/159, 280
OGH 29. 5. 2013, 9 Ob 35/13g
OGH 23. 5. 2013, 4 Ob 243/12g
OGH 29. 4. 2013, 1 Ob 31/13k
OGH 29. 4. 2013, 1 Ob 21/13i – JBl 2013, 459; ÖBA 2013/1971, 839; RdW 2013/661, 669
OGH 17. 4. 2013, 4 Ob 182/12m
OGH 4. 4. 2013, 2 Ob 171/12d – JBl 2013, 585; RdW 2013/340; ZFR 2013/73

Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen:

Zur Angemessenheit der Länge der dreimonatigen Prüffrist für die beklagte Entschädigungseinrichtung (Fälligkeit der Klagsforderung), zur Unabhängigkeit der Entschädigungsforderung von einem Konkursverfahren des WPDLU sowie zur Verpflichtung der Entschädigungseinrichtung zur (nicht quotenmäßigen, sondern) vollen Befriedigung der Anlegerforderung nach dem Prioritätsprinzip/Zuvorkommen.

Darüber hinaus zur Präzisierung des Treuhandvermögens, in das Exekution zu führen ist, sowie zum Zuspruch von Zinseszinsen. Überdies eingehend zum ersatzfähigen Schaden des Anlegers sowie zum notwendigen Umfang der Legitimierung des Anlegers.

OGH 9. 9. 2013, 6 Ob 252/12w
OGH 28. 8. 2013, 6 Ob 243/12x
OGH 29. 5. 2013, 9 Ob 13/13x – ZFR 2013/194, 328
OGH 8. 5. 2013, 6 Ob 242/12z
OGH 8. 5. 2013, 6 Ob 175/12x
OGH 29. 4. 2013, 1 Ob 238/12z – RdW 2013/585, 599
OGH 24. 4. 2013, 9 Ob 60/12g
OGH 27. 3. 2013, 7 Ob 33/13y
OGH 27. 3. 2013, 7 Ob 225/12g
OGH 19. 3. 2013, 4 Ob 165/12m
OGH 19. 3. 2013, 4 Ob 234/12h
OGH 14. 3. 2013, 2 Ob 169/12k
OGH 26. 2. 2013, 10 Ob 58/12w
OGH 26. 2. 2013, 10 Ob 56/12a
OGH 21. 2. 2013, 2 Ob 241/12y
OGH 21. 2. 2013, 2 Ob 250/12x
OGH 21. 2. 2013, 2 Ob 233/12x
OGH 20. 2. 2013, 3 Ob 231/12k – RdW 2013/452, 460
OGH 23. 1. 2013, 3 Ob 230/12p – RdW 2013/330, 329

vgl auch OGH 19. 3. 2013, 10 Ob 57/12y (Irrelevanz der Verjährungsfrage wegen mangelnder Kausalität des unrichtigen Prüfungsvermerks für den Ankaufentschluss bzw für ein späteres Behalten der verfahrensgegenständlichen Genussscheine)

Der Prüfungsvertrag zwischen Gesellschaft und Abschlussprüfer ist als Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter zu qualifizieren. Ein Primärschaden in Gestalt eines sogenannten realen Schadens liegt in diesem Zusammenhang bereits darin, dass sich das Vermögen des Anlegers wegen einer Fehlinformation des Schädigers anders zusammensetzt, als es bei pflichtgemäßem Verhalten der Fall wäre.

Auf dem Boden der Dritthaftung aufgrund der Schutzwirkungen des Prüfungsvertrags zugunsten Dritter ist die Verjährungsfrage für den Bereich bloß fahrlässiger Schadensverursachung durch den Abschlussprüfer dahin zu lösen, dass die Verjährungsfrist des § 275 Abs 5 UGB sowohl bei Schäden der Gesellschaft als auch denen Dritter eine von Kenntnis des Schadens und Schädigers unabhängige objektive Frist ist, die ab Entstehen des Schadens zu laufen beginnt
Für die vorsätzliche Schadenszufügung im Sinn auch eines „einfachen“ Vorsatzes, ohne dass die Voraussetzungen der zweiten Variante des § 1489 Satz 2 ABGB vorliegen, ist die Verjährungsfrist aber eine subjektive. Bei vorsätzlicher Pflichtverletzung des Abschlussprüfers ist der Beginn der fünfjährigen Verjährungsfrist daher nicht mit Entstehung des Schadens, sondern erst mit Kenntnis des Geschädigten von Schaden und Schädiger anzusetzen.

OGH 28. 8. 2013, 6 Ob 179/12k – RdW 2014/40, 25; ÖBA 2014, 203 (P. Klausberger)

Bei dem auch als Execution-only-Business neuer Prägung bezeichneten „reinen Ausführungsgeschäft“ im Sinn des § 46 WAG ist der Rechtsträger nicht verpflichtet, sich über Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden zu versichern, und von der Durchführung eines Eignungs- und Angemessenheitstests befreit.

Dieses Modell kommt nur bei Dienstleistungen in Betracht, die sich auf nicht komplexe Finanzinstrumente nach § 1 Z 7 WAG 2007 beziehen (§ 46 Z 1 WAG). Bei Immobilienaktien handelt es sich nicht um ein derartiges Finanzinstrument.

Im vorliegenden Fall nahm der Kläger durch Unterfertigung einer sog Telefonvereinbarung zur Kenntnis, dass bei Telefonorders die beklagte Bank die einzelnen Kundenaufträge nur zur Abwicklung entgegen nimmt und daher im Rahmen dieser Vereinbarung keine Anlageberatung erbringt („Execution Only“); einige Monate später ging der Anlageberater mit dem Kläger die Telefonvereinbarung neuerlich durch und erklärte ihm ausdrücklich, dass bei einer Telefonorder der Mitarbeiter der beklagten Bank lediglich die Order aufnimmt und dass diese ohne weitere Beratung ausgeführt wird. Gerade bei einem Anleger wie dem Kläger, der im Laufe der Jahre immer informierter und erfahrener wurde, müssen aber derartige Hinweise ausreichen, um ihm vor Augen zu führen, dass er bei Telefonorders völlig auf sich gestellt ist und sich auf keinerlei Aufklärungs- und Beratungstätigkeiten der beklagten Bank verlassen kann.

OGH 28. 8. 2013, 6 Ob 53/13g – RdW 2014/23, 16; ÖBA 2014/2009, 286; ZFR 2014/56, 91

Hat der Anleger die Feststellungsklage noch innerhalb der Verjährungsfrist eingebracht, das (Eventual-)leistungsbegehren jedoch erst nach deren Ablauf erhoben, so ist unter bestimmten Umständen eine Verjährung des Leistungsbegehrens noch nicht eingetreten:

Die Klägerin hat aufgrund einer – früher unklaren beziehungsweise schwankenden –Rechtsprechung Feststellungs- und Leistungsbegehren aufrecht bestehen gelassen, wobei jedoch Ziel beider Begehren der Ersatz des aus dem Erwerb MEL-Zertifikaten entstandenen Schadens gewesen ist; diesen hat die Klägerin auch (im Rahmen des Eventualleistungsbegehrens) beziffert. Dass dieser Schaden – nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung – von Anfang an nicht mit Feststellungs-, sondern mit Leistungsbegehren geltend zu machen gewesen wäre, kann nicht zur Abweisung auch des Leistungsbegehrens wegen Verjährung (letztlich somit beider Begehren) führen, wenn jedenfalls eines dieser Begehren innerhalb der Verjährungsfrist erhoben wurde und ein Begehren inhaltlich berechtigt ist.

OGH 27. 8. 2013, 9 Ob 30/13x

Zur internationalen Zuständigkeit österreichischer Gerichte gem § 180 InvFG aF.

OGH 27. 8. 2013, 9 Ob 24/13i – RdW 2014/26, 17

Zur Verjährung von Schadenersatzansprüchen gegen Abschlussprüfer:

Der Oberste Gerichtshof hat jüngst mehrfach klargestellt, dass die fünfjährige Verjährungsfrist des § 275 Abs 5 UGB als objektive, mit dem Eintritt des primären Schadens beginnende Frist (auch) im Bereich der Dritthaftung anzuwenden ist. Für den Bereich bloß fahrlässiger Schadensverursachung durch den Abschlussprüfer ist die Verjährungsfrage dahin zu lösen, dass die Verjährungsfrist des § 275 Abs 5 UGB auch bei Schäden Dritter eine von Kenntnis des Schadens und Schädigers unabhängige objektive Frist ist, die ab Entstehen des Schadens zu laufen beginnt. Diese Frist ist hier unstrittig vor Einbringung der Klage abgelaufen.
Der Anschluss als Privatbeteiligter unterbricht die Verjährung nur gegenüber demjenigen, gegen den sich das Strafverfahren richtet und auch nur für die in der Anschlusserklärung geltend gemachten Ansprüche. Der Anschluss im Verfahren gegen ein für einen Rechtsträger handelndes Organ unterbricht die Verjährung für Ansprüche gegen den Rechtsträger nicht. Der Kläger hat in der Berufungsbeantwortung sein Vorbringen dahingehend präzisiert, dass er sich dem Strafverfahren gegen Organe der Beklagten als Privatbeteiligter angeschlossen habe. Dies unterbricht aber, wie das Berufungsgericht bereits ausgeführt hat, die Verjährung gegen die Beklagte nicht.

OGH 27. 8. 2013, 4 Ob 102/13y – ÖBA 2014/2021, 446; RdW 2014/24, 16; ZFR 2014/57, 91

Zur Frage der Verjährung, wenn der „Primärschaden“ nach dem Klagevorbringen (auch) darin liegt, dass der Kläger aufgrund der Beratung ein durch Kreditaufnahme „gehebeltes“ Anlagemodell wählte, das aufgrund seiner Konstruktion von vornherein nicht geeignet war, zum Ende der Laufzeit (wenigstens) 105 % des eingesetzten Kapitals zu garantieren:

Zwar verlangte der Kreditgeber schon 2006 teilweise Tilgung oder weitere Sicherheiten für den Kredit, weil das verpfändete Anlageprodukt keine ausreichende Deckung mehr biete. Allerdings erklärte der Anlageberater dem Kläger, dass dies darauf beruhe, dass der Kreditgeber die zum Ende des Veranlagungszeitraums bestehende Garantie nicht berücksichtige. Dabei stellte er das Erfordernis einer Teilrückzahlung oder weiteren Besicherung als bloße Formalität dar. Unter diesen besonderen Umständen musste der Kläger aus der Forderung des Kreditgebers noch nicht auf das Vorliegen einer nicht 105 % des eingesetzten Kapitals garantierenden Anlage schließen. Die Auffassung der Vorinstanzen, dass die Beschwichtigung des Anlageberaters schon auf der Tatsachenebene Kenntnis iSv § 1489 ABGB ausschloss, ist unter diesen Umständen jedenfalls vertretbar.

OGH 21. 8. 2013, 3 Ob 65/13z – RdW 2014/22, 15

Der Umstand, dass die klagende Anlegerin die – hinsichtlich der Sicherheit der erworbenen Papiere irreführenden – Informationen nicht direkt aus dem Prospekt, sondern von einer „Mittelsperson“ bezog, von der sie sich die Informationen – vergleichsweise wie eine aus körperlichen Gründen nicht des Lesens mächtige Person – mündlich übermitteln ließ, schadet hinsichtlich der Anfechtbarkeit des Wertpapierkaufgeschäfts wegen Irrtums nicht: Auch in der hier gegebenen Sachverhaltsvariante geht die irreführende Information von der Prospekterstellerin aus, die den relevanten Geschäftsirrtum bei der irrenden Klägerin veranlasst hat. Die Zuhilfenahme dritter Personen ist im arbeitsteiligen Wirtschaftsleben gang und gäbe. Werbebotschaften erreichen den Adressaten häufig über Mittelsmänner. Auch in diesem Fall ist bei irreführender Werbung von einer Veranlassung des Irrtums iSd § 871 ABGB auszugehen.

OLG Wien 23. 7. 2013, 5 R 272/12z (nicht rechtskräftig)

Bestätigung der erstgerichtlichen Entscheidung, nach der eine bewusst unrichtige Bezeichnung von Wertpapieren im Werbeprospekt als Aktien anstatt als Zertifikate den Anleger zur Arglistanfechtung berechtigt, welche der 30-jährigen Verjährungsfrist unterliegt.

OGH 18. 7. 2013, 1 Ob 83/13g – RdW 2013/662, 670; ÖBA 2013/1979, 923

Bei feststehender, inhaltlich ausreichender Risikoaufklärung der handelnden Personen war allein fraglich, ob sich aus einschlägigen gesetzlichen Vorschriften eine Verpflichtung der Bank ergibt, trotz ausreichender Aufklärung der umfassend bevollmächtigten Vertreter der Kunden auch mit letzteren unmittelbar in Kontakt zu treten und sie detailliert über das Risiko der von ihren Vertretern angestrebten Finanztransaktion aufzuklären:

Eine derartige Aufklärungsverpflichtung ergibt sich nach Auffassung des OGH weder aus den von den Revisionswerbern angeführten gesetzlichen Bestimmungen noch aus der zitierten Judikatur.

OGH 27. 6. 2013, 1 Ob 45/13v

Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen:

Zur Fälligkeit bei Außerstreitstellungen.

OGH 25. 6. 2013, 10 Ob 32/13y – ÖBA 2014/1988, 60; ZFR 2013/193, 328

Ein Prospekt muss nicht eine gewisse Form haben, um die Prospekthaftung auszulösen, der Prospektbegriff ist vielmehr im umfassenden Sinn zu verstehen. Maßgeblich ist, ob der Werbeprospekt des freien Kapitalmarkts dem Vertrieb einer Anlage dient und dabei als Schriftstück generell geeignet ist, den Anlageentschluss eines potentiellen Anlegers in Ansehung einer konkreten Anlage zu beeinflussen, indem er den Anschein ausreichender und objektiver Anlageinformation erweckt. Kurzexposees, Handzettel und Zeitungsanzeigen sind wegen ihrer nur kurzen und deshalb erkennbar unzureichenden Information dazu im Allgemeinen nicht geeignet (RIS-Justiz RS0108623).
Von dieser Rechtsprechung weicht die Ansicht des Berufungsgerichts nicht ab, die Kläger könnten sich nicht erfolgreich auf den Prospektcharakter einer ihnen im Zuge des Beratungsgesprächs gezeigten Informationsunterlage („Factsheet“) berufen, weil diese neben grundlegendsten Informationen über den Fonds bloß eine ausführliche Darstellung zu dessen „Performance“ enthalte, ohne auch nur den Anschein der Darstellung von mit der Anlage verbundenen Risiken zu erwecken. Eine derartige Darstellung sowie umfangreiche Angaben zur Struktur des Fonds, zu den Anlagezielen und der Anlagestrategie fänden sich vielmehr im (umfangreichen) Verkaufsprospekt, der den Klägern übergeben wurde. Die Kläger könnten sich daher auf den Prospektcharakter des „Factsheet“ nicht berufen.

OGH 23. 7. 2013, 10 Ob 59/12t
OGH 23. 7. 2013, 10 Ob 27/13p
OGH 23. 7. 2013, 10 Ob 16/13w
OGH 25. 6. 2013, 9 Ob 37/13a – ZFR 2014/114, 181
OGH 20. 6. 2013, 5 Ob 215/12x

Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen:

Die Entschädigungseinrichtung haftet geschädigten Anlegern kraft eines österreichischen Gesetzes (WAG 1996 bzw WAG 2007) für eine fremde Schuld, nämlich für Verpflichtungen ihrer Mitgliedsinstitute. Im Fall einer Zahlung tritt sie daher nach der Legalzessionsnorm des § 1358 ABGB ipso iure und ohne weiteren Übertragungsakt in die Rechte des Anlegers ein. Für eine Einschränkung ihrer Zahlungspflicht nur Zug um Zug gegen Abtretung allfälliger Ansprüche des klagenden Anlegers gegenüber der Liquidationsmasse besteht daher kein Bedarf.

OGH 19. 6. 2013, 7 Ob 18/13t – ÖBA 2013/1977, 919; RdW 2014/25, 17; ZFR 2014/22, 40

Ausführlich zusammenfassend zur Frage, wann die Verjährungsfrist bei Schäden im Zusammenhang mit einer Veranlagung zu laufen beginnt:
Geht man davon aus, dass eine risikolose Veranlagung gewünscht wurde, so tritt der Schaden in dem Moment ein, in dem sich herausstellt, dass die erworbenen Papiere tatsächlich risikobehaftet sind, also die gewünschte Eigenschaft nicht erfüllt ist. Dieser Zeitpunkt ist unabhängig davon, ob nach einer Zukunftsprognose aus damaliger Sicht auf eine positivere Kursentwicklung zu hoffen war oder nicht, als maßgebender Termin für den Schadenseintritt anzusehen. Erhält der Geschädigte Kenntnis von Kursverlusten, so muss ihm zugleich auch klar sein, dass er sein Geld anstatt für ein von ihm gewünschtes risikoloses Wertpapier für ein Kursschwankungen unterworfenes Wertpapier ausgegeben hatte.
Entscheidend ist, zu welchem Zeitpunkt der Geschädigte erkennt, dass ein Gesamtkonzept den Zusagen nicht entsprochen hat. Die Risikoträchtigkeit eines Gesamtkonzepts liegt jedenfalls dann vor, wenn sich dieses rein rechnerisch nicht mehr ohne zusätzliche Vermögensverminderung im Vergleich zur (herkömmlichen) Tilgung des Darlehens und Geldmittelbeschaffung vor dem Umschuldungs- und Finanzierungskonzept entwickeln konnte. Ein nach Erkennen der Risikoträchtigkeit eintretender weiterer Schaden ist als bloßer Folgeschaden zu qualifizieren, dessen Verjährung gleichfalls mit der Kenntnis vom Eintritt des Primärschadens beginnt. Es ist also für den Lauf der Verjährungsfrist entscheidend, zu welchem Zeitpunkt der Anleger erkennt, dass sein Investment – entgegen den Zusicherungen – nicht risikolos ist, sondern die Gefahr eines Kapitalverlusts in sich birgt.

OGH 17. 6. 2013, 2 Ob 24/13p – ÖBA 2013/1962, 819 (P. Bydlinski); ecolex 2013/310, 773 (Wilhelm); RdW 2013/663, 670; ZFR 2013/197, 333; VbR 2013/10, 22

Steht für die beklagte Bank aufgrund der engen Verflechtung mit der Emittentin die Verfolgung der eigenen Interessen im Vordergrund und instrumentalisierte sie die Berater, denen sie die zur Fehlberatung führenden Unterlagen zur Verfügung stellte, zur Veräußerung gerade dieser Aktien, so ist die Zurechnung der Wertpapierberater zur
beklagten Bank nicht bloß auf die Vertriebspartnerschaft zwischen Bank und Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu stützen. Die beklagte Bank konnte unter den hier gegebenen Umständen vielmehr nicht erwarten, dass die Aufklärung der Kunden durch die Wertpapierberater sachgerecht erfolge (1 Ob 48/12h ua). Dies führt zu einer Haftung der Beklagten für die unzureichende Beratung der Kläger.
Das gegenständliche Investment wurde den Klägern von den Beratern (auf Basis des von der Beklagten beschafften Gutachtens) als mündelsichere Anlage dargestellt. Den Klägern ist durch diese Fehlberatung ein Schaden entstanden, der darin liegt, dass sie eine Anlage erwarben, die nicht der von ihnen gewünschten Risikoklasse entspricht (vgl P. Bydlinski, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung: Schaden und Schadenersatz, ÖBA 2008, 159 [174]). Sie haben daher einen Anspruch auf Naturalrestitution, das heißt auf Rückzahlung des angelegten Betrags abzüglich inzwischen erzielter Erträge (Zinsen, Dividenden) Zug um Zug gegen Herausgabe des Finanzprodukts (vgl RIS-Justiz RS0120784 [T3]; RS0108267 [T5]).
Den Klägern als wertpapierrechtliche Laien musste das tatsächliche Risiko von vermeintlich sicheren „Immobilienaktien“ nicht bewusst sein. Ihnen ist daher kein Mitverschulden am entstandenen Schaden zuzuweisen.

EuGH 30. 5. 2013, Rs C-604/11 (Genil 48 SL, Comercial Hostelera de Grandes Vinos SL/Bankinter SA, Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA; Juzgado de Primera Instancia nº 12 de Madrid [Spanien]) – wbl 2013/136, 396; ZFR 2013/123, 212

Zu Fragen im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen, wenn einem Kunden ein Zinsswap zur Deckung des Risikos von Zinsschwankungen bei Finanzprodukten angeboten wird (Auslegung von Art. 4 Abs. 1 Nr. 4 und Art. 19 Abs. 4, 5 und 9 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates):

1. Art 19 Abs 9 der RL 2004/39/EG ist dahin auszulegen, dass zum einen eine Wertpapierdienstleistung nur dann als Teil eines Finanzprodukts angeboten wird, wenn sie zu dem Zeitpunkt, zu dem sie dem Kunden angeboten wird, integraler Bestandteil dieses Produkts ist, und zum anderen die Bestimmungen des Unionsrechts und die gemeinsamen europäischen Normen, auf die diese Vorschrift Bezug nimmt, eine Bewertung des Risikos für den Kunden erlauben und/oder Informationspflichten enthalten müssen, die auch die Wertpapierdienstleistung, die integraler Bestandteil des fraglichen Finanzprodukts ist, umfassen, damit diese Dienstleistung nicht mehr den in Art 19 vorgesehenen Verpflichtungen unterliegt.
2. Art 4 Abs 1 Nr 4 der RL 2004/39 ist dahin auszulegen, dass es als Anlageberatung iS der Begriffsbestimmung in dieser Vorschrift anzusehen ist, wenn einem Kunden ein Swap zur Deckung des Risikos von Zinsschwankungen eines Finanzprodukts, das dieser Kunde gezeichnet hat, angeboten wird, sofern die Empfehlung, die sich auf die Unterzeichnung eines solchen Swaps bezieht, an diesen Kunden in seiner Eigenschaft als Anleger gerichtet ist, als für ihn geeignet dargestellt wird oder auf eine Prüfung seiner Verhältnisse gestützt ist und nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit gegeben wird.
3. Es kommt der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen MS zu, festzulegen, welche vertraglichen Folgen es haben muss, wenn eine Wertpapierfirma, die eine Wertpapierdienstleistung anbietet, die in Art 19 Abs 4 und 5 der RL 2004/39 in Bezug auf die Bewertung vorgesehenen Anforderungen nicht erfüllt, wobei die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität beachtet werden müssen.

OGH 29. 5. 2013, 9 Ob 62/12a – ZFR 2014/52, 87

Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen:

Verneinung des Feststellungsinteresses des klagenden Anlegers bei bzw wegen Fälligkeit der Entschädigungsforderung.

OGH 29. 5. 2013, 9 Ob 16/13p – RdW 2013/583, 597; ZFR 2013/198, 334

Ausführlich zusammenfassend zu Beratungs- und Aufklärungspflichten der Bank bei Wertpapierkommissionsgeschäften.

OGH 28. 5. 2013, 8 Ob 45/13w – JBl 2013, 589; ÖBA 2013/1966, 832; RdW 2013/660, 668

Die Anlegerentschädigungseinrichtung nach dem WAG hat auch für ein ehemaliges Mitglied, das im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung über sein Vermögen nicht mehr Mitglied der Entschädigungseinrichtung ist, einzustehen. Die Bestimmungen der §§ 75 ff WAG 2007 beziehen sich auf ein konzessionswidriges (verbotenes) Halten von Kundengeldern oder Finanzinstrumenten durch eine Wertpapierfirma. Die Entschädigungspflicht umfasst unter anderem die Vermittlung von Wertpapieren, wenn dies zum unmittelbaren oder mittelbaren Halten von Kundengeldern oder Finanzinstrumenten führt. Für Schuldverschreibungen besteht keine Ausnahme von der Entschädigungspflicht. Eine zeitliche Begrenzung der Haftung für ein ehemaliges Mitglied dahin, dass der Entschädigungsfall innerhalb einer bestimmten Frist ab Konzessionsverlust eintreten müsste, besteht nicht. Für Geschäftsfälle, die vor Ablauf der Frist zur Umsetzung der Anlegerentschädigungsrichtlinie (am 26. 9. 1998) abgeschlossen wurden, besteht allerdings keine Entschädigungspflicht.

OGH 21. 5. 2013, 1 Ob 34/13a – ÖBA 2013/1968, 836; RdW 2013/703, 720; Trenker, Kapitalmarktrechtliche Ansprüche von Genussrechtsinhabern in der Insolvenz – 1 Ob 34/13a als Grundsatzentscheidung über die insolvenzrechtliche Qualifikation kapitalmarktrechtlicher Ansprüche? VbR 2013/6, 16; Told, Kapitalmarktrechtliche Schadenersatzansprüche in der Insolvenz – Gleichzeitig ein Beitrag zur Eigen- und Fremdkapitalqualität von Genussscheinen und stillen Gesellschaften, ZFR 2014/73, 109

Es ist nicht zweifelhaft, dass eine Nachrangigkeit von Schadenersatzforderungen bestimmter Anleger in der Insolvenz des Emittenten im Gesetz nicht vorgesehen ist:

Das österreichische Insolvenzrecht enthält eine einzige Norm, die bestimmte Forderungen als den (eigentlichen) Insolvenzforderungen nachrangig einstuft, nämlich § 57a IO, der mit dem EKEG eingeführt wurde. Diese Bestimmung ordnet an, dass „Forderungen aus eigenkapitalersetzenden Leistungen“ nach den Insolvenzforderungen zu befriedigen sind.
Das derzeit geltende österreichische Recht enthält keine Basis für eine Analogiegrundlage, die es rechtfertigen könnte, die in § 57a IO allein für Forderungen aus eigenkapitalersetzenden Leistungen angeordnete Nachrangigkeit auf die auf kapitalmarktrechtlicher Grundlage entstandenen Schadenersatzansprüche von Anlegern zu übertragen.

OGH 7. 5. 2013, 2 Ob 41/13p – ÖBA 2014/2047, 755 (Madl); RdW 2013/584, 598

Für den Beginn der Verjährung einer Schadenersatzklage wegen fehlerhafter Anlageberatung kommt es darauf an, wann der Anleger von Verdachtsmomenten hinsichtlich seiner konkreten Anlageform Kenntnis erlangte bzw aufgrund bekannt gewordener, verdichteter Medieninformation bei Einhalten seiner dann gegebenen Erkundigungsobliegenheit Kenntnis hätte erlangen müssen.

OGH 25. 4. 2013, 2 Ob 19/13b – ZFR 2014/16, 32

Bei der Irrtumsanfechtung kommt es nur auf den dem Anleger konkret unterlaufenen Irrtum an, nicht aber auf die Irreführungseignung des Verkaufsprospekts im Allgemeinen.

OGH 25. 4. 2013, 2 Ob 74/12i – ÖBA 2014/2015, 380 (Oppitz); ecolex 2013/311, 774; RdW 2013/457, 463; ZFR 2013/195, 329; ZFR 2013, 332 (Baier)

Haftung der Depotbank für den Nichterfüllungsschaden des Kunden aufgrund unvollständiger Ausführung einer Stop-Loss-Order; keine Verletzung der Schadenminderungspflicht des Kunden, der die Wertpapiere nach dem Scheitern der Order auf Rat eines Dritten, an den ihn die Bank verwiesen hat, behält:

Kommt die Bank einem Auftrag, die im Depot verwahrten Wertpapiere bei unterschreiten eines bestimmten Wertes zu verkaufen, nur teilweise nach und verweist die Bank den Anleger im Übrigen an seinen Berater, der von einem Verkauf der im Kurs rasch verfallenden Papiere abrät und eine Kurserholung in Aussicht stellt, so wird der Anleger erst durch das pflichtwidrige Verhalten der Bank überhaupt in die Lage versetzt, eine neue Entscheidung treffen zu müssen. Ein freier, von der Bank „nicht herausgeforderter“ Willensentschluss die Papiere zu behalten, liegt daher nicht vor und der Anleger hat gegen die Bank Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm durch die pflichtwidrige Nichterfüllung des Auftrags entstanden ist – es entspricht dem Verhalten eines verständigen durchschnittlichen Anlegers, dass er sich an jenen Dritten wendet und dessen Ratschläge befolgt, an den ihn die Bank verwiesen hat.

OGH 16. 4. 2013, 10 Ob 18/13i – ÖBA 2013/1982, 926

Für den Beginn der Verjährungsfrist ist entscheidend, zu welchem Zeitpunkt die Anlegerin erkannte, dass – entgegen der Zusage – die gewählte Anlageform nicht risikolos war. Ein nach Erkennen der Risikoträchtigkeit der gewählten Anlageform eingetretener weiterer Schaden ist als bloßer Folgeschaden zu qualifizieren, dessen Verjährung gleichfalls mit der Kenntnis vom Eintritt des Erstschadens beginnt. Die Verjährungszeit wird mit der positiven Kenntnis der Rechtsgutverletzung auch dann in Lauf gesetzt, wenn der Geschädigte die Höhe seines Schadens noch nicht beziffern kann, ihm also noch nicht alle Schadensfolgen bekannt sind bzw diese auch noch nicht zur Gänze eingetreten sind. Der drohenden Verjährung muss der Geschädigte mit der Feststellungsklage begegnen. Ist bereits ein Primärschaden eingetreten, dann muss die Feststellungsklage zur Abwehr der Verjährung vorhersehbarer Folgeschäden innerhalb der für den Primärschaden bestehenden Verjährungsfrist eingebracht werden. Maßgeblich ist, ob dem Geschädigten objektiv alle für das Entstehen des Anspruchs maßgebenden Tatumstände bekannt waren, nicht ob er sich subjektiv in einem Irrtum befunden hat.
Für unvorhersehbare neue Wirkungen eines Schadensfalls beginnt die Verjährungsfrist bei einem Primärschaden neu zu laufen, sobald mit künftigen Schäden mit Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist. Unvorhersehbar sind Schäden insbesondere dann, wenn sie sich von den früheren schon durch ihre Beschaffenheit und namentlich dadurch unterscheiden, dass sie auf bis dahin nicht wahrgenommene Zwischenursachen zurückzuführen sind.

OGH 11. 4. 2013, 1 Ob 49/13g – RdW 2013/580, 596; ÖBA 2013/1969, 837

Zum Regressanspruch eines vom Anleger in Anspruch genommenen Wertpapierdienstleistungsunternehmens gegen den Anlageberater als dessen Erfüllungsgehilfen:

Hat der Anlageberater vertraglich die Schadloshaltung im Falle grob fahrlässigen oder vorsätzlicher Falschberatung zugesichert, so haftet er seinem vom Kunden in Anspruch genommenen Vertragspartner, wenn er wusste, dass der („Klein-„)Anleger ein sicheres Investment wollte, er dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse kannte und diesem dennoch empfahl, sein gesamtes liquides, bisher auf einem Sparbuch veranlagtes Vermögen von 15.000 EUR in Aktien zu investieren, wobei er zusätzlich diese Veranlagung als sicheres und risikoloses Investment in Immobilien darstellte, das besser als ein Sparbuch sei, und den Anleger nicht auf den Unterschied zwischen Aktien und Investmentfonds hinwies, obwohl er diesen aufgrund seiner Ausbildung zum gewerblichen Vermögensberater und seiner jahrelangen Tätigkeit im Zusammenhang mit Finanzierungen für Privatkunden kannte.

Auch der Umstand, dass in vielen Fällen Beratungen über dieses Produkt ähnlich verliefen und auch andere Berater von einem sicheren risikolosen Investment sprachen, ändert daran nichts: Eine weitverbreitete Missachtung von Aufklärungspflichten bedeutet nicht, dass ein Berater im konkreten Einzelfall nur leicht fahrlässig handelte, kommt es doch bei der Beurteilung des Verschuldensgrades entscheidend auf das Wissen des Beraters und den erkennbaren Informationsbedarf des Anlegers an.

Die Beurteilung derartigen Verhaltens als grob fahrlässig ist vom Obersten Gerichtshof nicht zu beanstanden (Zurückweisung der Revision).

OGH 27. 3. 2013, 7 Ob 220/12x – ZFR 2013/160, 281
OGH 19. 3. 2013, 10 Ob 50/12v – ÖBA 2013/1949, 753; RdW 2013/459, 465; ZFR 2013/74

Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen:

Zur Frage der Haftung der Entschädigungseinrichtung im Falle strittiger Mitgliedschaft von WPDLU in dieser Entschädigungseinrichtung (allfällige „besonders raffinierte Umgehungskonstruktion im Hinblick auf aufsichtsrechtliche Vorgaben“).

OGH 24. 4. 2012, 2 Ob 63/12x
OGH 14. 3. 2013, 1 Ob 12/13s – ÖBA 2013/1958, 766; RdW 2013/582, 597

Zur Frage der Auswirkung von „Beschwichtigungsäußerungen“ des Beraters auf den Beginn der Verjährungsfrist.

In Anbetracht des Wissensstands der Klägerin hält sich die Beurteilung des Berufungsgerichts, das die objektiv zumutbare Erkenntnis der Klägerin, aufgrund einer unrichtiger Beratung nicht die von ihr gewünschten sicheren Papiere erworben zu haben, mit Ende Juli bis Mitte August 2007 ansetzte, im Rahmen der Kriterien, die die Judikatur in derartigen Fällen entwickelt hat.

Versuchen von Anlageberatern, nach Kursverlusten nervös gewordene Anleger zu beschwichtigen, kann nach der Judikatur in zweifacher Hinsicht Bedeutung zukommen. Sie können die Erkennbarkeit des Schadenseintritts und damit den Beginn der Verjährungsfrist hinausschieben oder dazu führen, dass dem Verjährungseinwand des Schädigers die Replik der Arglist entgegengehalten werden kann. Welche Auswirkungen derartige „Beschwichtigungsversuche“ auf die Verjährung der Ansprüche von Anlegern haben, ist im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen und wirft daher – von krassen Fehlbeurteilungen abgesehen – keine erhebliche Rechtsfrage auf. Eine derartige Fehlbeurteilung ist dem Berufungsgericht hier nicht vorzuwerfen.

OGH 18. 2. 2013, 7 Ob 9/13v – ÖBA 2014/2022, 448; ZFR 2013, 281 (Lenz)

Aufrechnung einer Schadenersatzforderung eines Anlegers gegen eine Darlehensforderung einer Bank setzt Fälligkeit voraus.

OGH 18. 2. 2013, 7 Ob 178/11v – ZFR 2013, 183; ÖBA 2013, 526
OGH 29. 1. 2013, 10 Ob 7/12w – JBl 2013, 372; ÖBA 2013, 523; RdW 2013/458, 464
Vgl auch OGH 24. 4. 2013, 9 Ob 50/12m – RdW 2013/581, 596 (Zurückweisung der ao Rev unter ausführlichem Verweis [ua] auf die genannten Vorentscheidungen)

Zur Passivlegitimation der beklagten Anlageberater sowie zum Umfang der Informationsverpflichtung im Zusammenhang mit dem Erwerb (bzw in 10 Ob 7/12w auch der Verlängerung) einer Unternehmensanleihe, deren Emittentin nunmehr insolvent ist.

Darüber hinaus zum sog „Geeignetheitstest“ nach § 44 Abs 2 WAG, zum Rechtswidrigkeitszusammenhang dieser Bestimmung sowie zu Fragen der Schadenshöhe und des Mitverschuldens der Erwerberin einer Unternehmensanleihe.

OGH 31. 1. 2013, 1 Ob 242/12p – ZFR 2013/72; ÖBA 2013/1926, 450; RdW 2013/460, 466

Zu Fragen der Anlegerentschädigung mittels des Systems der Anlegerentschädigung für Wertpapierfirmen GmbH.

OGH 24. 1. 2013, 8 Ob 104/12w – ÖBA 2013/1922, 438; ecolex 2013/348, 871; Graf, Wer den Markt manipuliert, zahlt, ecolex 2013, 864; ZFR 2013/46; RdW 2013/410, 395

Das Fehlverhalten eines selbständigen Vermögensberaters kann einer Bank iSd § 1313a ABGB nur dann zugerechnet werden, wenn dieser im Pflichtenkreis der Bank tätig wird und sich die Bank zur Erfüllung ihrer Pflichten gegenüber dem Kunden des Beraters bedient. Die Bestimmungen des Börsegesetzes wegen marktmanipulativer Handlungen (§ 48a Abs 1 Z 2 BörseG) sind als Schutzgesetze zu qualifizieren. In den Schutzbereich sind jedenfalls Kunden der Bank einzubeziehen, die über einen von dieser vorgesehenen Vertriebsweg betreut werden. Werden von der Bank Informationen zur Weiterleitung (jedenfalls) an Kunden im Weg eines vorgesehenen Vertriebswegs bereitgestellt, so hat sie für Schäden aus falschen bzw irreführenden Nachrichten oder aus falschen oder irreführenden Signalen mit Eignung zur Kursbeeinflussung einzustehen, wenn den für sie handelnden Personen diese Umstände bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen.

OGH 23. 1. 2013, 3 Ob 220/12t – ZFR 2013/49; RdW 2013/329

Zur Rechtswidrigkeit, zum Rechtswidrigkeitszusammenhang, zur Relevanz der hypothetischen Alternativanlage sowie zur Frage des Mitverschuldens des Anlegers im Zusammenhang mit verspäteter Veräußerung von Aktien auf Grund von Falschberatung durch fehlerhafte Behalteempfehlungen.

OGH 20. 12. 2012, 2 Ob 238/12g – RdW 2013/269

Der beklagte Anlageberater kann Schadenersatzansprüchen einer geschädigten Anlegerin wegen fehlerhafter Anlageberatung (hier: betr Zertifikate der Meinl European Land Ltd) nicht entgegenhalten, die Anlegerin habe insofern gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen, als sie ein bestimmtes Vergleichsangebot einer Bank nicht angenommen habe (hier: Vergleichsangebot der Meinl Bank).
Der Anlegerin muss zugebilligt werden, sich allfällige Ansprüche bzw Klagsführungen gegen die im Vergleichsanbot genannten juristischen oder natürlichen Personen (zB wegen Verletzung der Prospektpflicht etc) vorzubehalten und allfällige höhere Prozesschancen im Vergleich zu einem doch eher niedrigen Vergleichsangebot zu prüfen oder prüfen zu lassen.

OGH 19. 12. 2012, 8 Ob 73/12m – ZFR 2013/48

Die Feststellung einer Forderung gemäß §§ 23b Abs 2 und 23c Abs 4 WAG 1996 beruht auf einer selbstständigen Prüfung von Höhe und Berechtigung der angemeldeten Anlegerforderung durch die Entschädigungseinrichtung. Diese Prüftätigkeit der Entschädigungseinrichtung setzt nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht nur das schlichte Verlangen des Anlegers, sondern zusätzlich dessen Legitimierung voraus.

Der Anspruchssteller hat daher zunächst nachzuweisen, welche Gesellschaft überhaupt seine Vertragspartnerin war, welchen Betrag er tatsächlich investiert hat, wann und auf welches Konto er die Überweisung(en) vorgenommen hat und gegebenenfalls ob und in welchem Ausmaß er aus einem Fondsvermögen bereits Befriedigung erlangt hat. Solange dies nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, ist die Forderung des Klägers wegen offener Prüfungs- und Auszahlungsfrist nicht fällig (Zurückweisung der Revision).

OGH 13. 12. 2012, 1 Ob 48/12h – RdW 2013/341; ÖBA 2013, 506 (Thiede)

Zur Frage der Haftung des „kundenferneren“ Rechtsträgers im Falle des Zusammenwirkens zweier Rechtsträger bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen bzw zum Anwendungsbereich des § 27 WAG 2007:

Der erkennende Senat schließt sich den Meinungen in der Literatur an, die die Pflichten des Order-ausführenden Rechtsträgers nach dem WAG 2007 beschränken. Eine „Verdoppelung“ der Information des Anlegers ist nicht sinnvoll und nicht praktikabel, weil sie nur zu Verzögerungen führt, die nicht im Interesse eines durch den kundennäheren Rechtsträger bereits informierten Anlegers sind. Nach weitgehend einhelliger Meinung im Schrifttum ist aber der Order-ausführende Rechtsträger dem Kunden dann zur Aufklärung verpflichtet, wenn er konkrete Anhaltspunkte dafür hat oder sogar weiß, dass der kundennähere Wertpapierdienstleister seinen Pflichten nicht nachgekommen ist.

OGH 13. 12. 2012, 1 Ob 188/12x

Zur Schadensminderungsobliegenheit bei (unterlassenem) Verkauf von Aktien, deren Kurs seit der Veranlagung wesentlich gefallen ist:

Der Schädiger kann dem Anleger den Einwand der Schadensminderungspflichtverletzung bei Verkauf oder Behalten der Wertpapiere nur dann entgegenhalten, wenn die Verkaufs- oder Behalteobliegenheit dem Anleger zumutbar war. Da im Regelfall die Kursentwicklung keine sicheren Schlüsse des einzelnen Anlegers auf den Unternehmenswert und den objektiven Wert seiner Beteiligung zulässt, kann die Verletzung der Verkaufs- oder Behalteobliegenheit des Anlegers nur in besonderen Fallkonstellationen mit Erfolg eingewendet werden. Ob der Klägerin ein Behalten der Aktien zumutbar gewesen wäre, hängt, wie generell die Beurteilung des Mitverschuldens, maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab.

Indem die Beklagte auf den derzeitigen, gegenüber dem Verkaufszeitpunkt höheren Kurs der Aktie verweist, verkennt sie, dass die Verletzung der Pflicht zur Schadensminderung nicht aus einer ex-post-Betrachtung zu beurteilen ist. Ob dem Geschädigten Maßnahmen der Schadensminderung (ex ante) objektiv zumutbar gewesen wären, hat darüber hinaus der Schädiger zu behaupten und zu beweisen.

OGH 20. 11. 2012, 5 Ob 118/12g – ZFR 2013/47

Erwächst die Abweisung eines Leistungsbegehrens in Rechtskraft, fehlt es an der materiellen Berechtigung für ein Feststellungsbegehren betreffend die Haftung für jenen Schaden, welcher den Klägerinnen aus der Vermittlung von sowie aus der fehlerhaften Beratung im Zusammenhang mit dem Erwerb der Wertpapiere entstehen könnte. Dies muss in Stattgebung des Rekurses zur gänzlichen Abweisung der Klagebegehren führen.

OGH 16. 11. 2012, 6 Ob 139/12b (vgl 3 Ob 49/12w bzw RIS-Justiz RS0108074) – RdW 2013/129

Der Anlageberater ist zur Aufklärung seiner Kunden über die Risikoträchtigkeit der in Aussicht genommenen Anlage verpflichtet; welche Verhaltenspflichten ihn dabei im Einzelnen treffen, kann nur aufgrund der konkreten Umstände beurteilt werden, doch treffen ihn jedenfalls dem Anlageinteressenten gegenüber Schutz- und Sorgfaltspflichten. Stellt er etwa ein typisches Risikogeschäft als sichere Anlageform hin und veranlasst er dadurch den Anleger zum Abschluss eines solchen Geschäfts, dann haftet er für die fehlerhafte Beratung selbst dann, wenn auch er von der Seriosität des Anlagegeschäfts überzeugt gewesen sein sollte, weil er ein solches Geschäft nicht ohne weiteres als sichere Anlageform anpreisen darf

BGH 25. 10. 2012, IX ZR 207/11

Zum Streitgegenstand bei Haftungsprozessen:

Verfolgt ein Anleger vertragliche Ansprüche aus einer Vereinbarung über Finanzdienstleistungen gegen einen Finanzdienstleister, erfasst der Streitgegenstand des Prozesses auch etwaige im Falle einer fehlenden behördlichen Erlaubnis gegebene deliktische Ansprüche des Anlegers.
Dagegen ist ein anderer Streitgegenstand betroffen, soweit der Anleger daneben aus einer fehlerhaften Beratung durch den Finanzdienstleister Schadensersatzansprüche herleitet.

OGH 24. 10. 2012, 8 Ob 39/12m – ÖBA 2013/1901; RdW 2013/130

Ein rechtliches Interesse an der bloßen Feststellung der Haftung des beklagten Wertpapierdienstleisters wegen fehlerhafter Anlageberatung (hier: vereitelter Verkauf einer Anlage) ist zu verneinen, wenn der geschädigte Anleger ein Leistungsbegehren (auf „Naturalrestitution“) erhoben hat und sich weder auf den Ertrag einer allfälligen Alternativanlage bezogen hat, noch andere mögliche zukünftige Schäden geltend macht, die mit den Leistungsbegehren nicht abgedeckt wären.

OGH 18. 10. 2012, 4 Ob 140/12k – RdW 2013/18; ÖBA 2013/1902

Zum korrekten Klagebegehren des geschädigten Anlegers:

Ist über das Vermögen der Emittentin das Insolvenzverfahren eröffnet worden, muss der Anleger nicht bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens abwarten, um zur Geltendmachung von Geldersatz wegen pflichtwidriger Anlageberatung Leistungsklage gegen den Anlageberater erheben zu können.

OGH 17. 10. 2012, 7 Ob 83/12z – RdW 2013/19; ÖBA 2013/1903
OGH 22. 11. 2011, 4 Ob 93/11x – RdW 2012/16; ecolex 2012, 27 (Wilhelm); ÖBA 2012/1776, 114; JBl 2012, 175 (Geroldinger/Radler); Leupold, Zak 2012/44

Zertifikate statt Aktien – kein aliud:

Obwohl es sich bei den angekauften MEL-Wertpapieren nicht – wie im Kaufauftrag angegeben – um Aktien, sondern um Zertifikate handelt, liegt keine Anderslieferung vor, weil nach den übereinstimmenden Vorstellungen der Parteien nicht Aktien, sondern die tatsächlich auf dem Markt angebotenen Wertpapiere Vertragsgegenstand wurden.

OGH 11. 10. 2012, 1 Ob 51/12z – ÖBA 2013, 283

Zur Behauptungslast des klagenden Anlegers.

OGH 11. 10. 2012, 1 Ob 151/12f
OGH 30. 8. 2012, 2 Ob 86/11b – ZFR 2012/169

Über das bloße Insolvenzrisiko der Emittentin bzw Garantin muss die Verkäuferin von Wertpapieren den Erwerber nicht aufklären.

OGH 10. 9. 2012, 10 Ob 88/11f – ÖBA 2012, 839; ZFR 2013/44

In gleicher Weise wie die (objektiven, von der Kenntnis des Schadens und Schädigers unabhängigen) Fristen gemäß § 275 Abs 5 UGB und § 44 AktG (die nicht nur die kurze, sondern auch die lange Frist des § 1489 ABGB verdrängen) analog auf die Dritthaftung eines Abschluss- oder Gründungs-(Sacheinlagen )prüfers anzuwenden sind, ist auch die Präklusivfrist des § 11 Abs 7 KMG für die Verfristung der besonderen Haftung des Prospektkontrollors nach allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts maßgebend. Diese Frist ist somit auch auf jene Ansprüche anzuwenden, mit denen der Prospektkontrollor aus der Haftung für einen durch seine drittgerichtete Erklärung geschaffenen besonderen zusätzlichen Vertrauenstatbestand in Anspruch genommen wird.

OGH 6. 9. 2012, 1 Ob 122/12s

Der Kl hat in einem Amtshaftungsverfahren das rechtswidrige Organverhalten zu behaupten
und zu beweisen. Er muss daher behaupten und beweisen, zu welchem Zeitpunkt die Behörde
(FMA) eine bestimmte Maßnahme hätte ergreifen müssen, um die nach den
Klagebehauptungen für die Anlegerentscheidung kausale falsche bzw irreführende Werbung
und die Fehlberatung zu verhindern.

OGH 2. 8. 2012, 4 Ob 67/12z – RdW 2013/16; Trenker, Von abstrakter und konkreter Schadensberechnung, hypothetischer Kausalität, rechtmäßigem Alternativverhalten, Vorteilsanrechnung, Naturalrestitution und deren Verhältnis zum Feststellungsbegehren – eine Anmerkung zu 4 Ob 67/12z, ÖJZ 2013/2; JBl 2012, 788 (Dullinger); ÖBA 2014/2031, 534

Definition des realen Schadens als Schaden, der darin liegt, dass Papiere mit einem falschen
Risikoprofil erworben wurden anstatt jener, die der Anleger bei richtiger Beratung erworben
hätte. Dass es zu einer solchen Alternativanlage gekommen wäre, ist jedenfalls dann
anzunehmen, wenn sich der Anleger mit einem vorgefassten Anlageentschluss an den Berater
gewendet hat. Auf dieser Grundlage kann aber auch der Anspruch auf Naturalrestitution nur
auf das Zurverfügungstellen jener Papiere gerichtet sein, die der Anleger bei richtiger
Beratung erworben hätte.

Der rechnerische Schaden liegt in dem zu einem bestimmten Termin bestehenden
Unterschied zwischen dem tatsächlichen und dem hypothetischen Vermögensstand. Dann ist
die Kausalität in Bezug auf diesen Schaden zu prüfen und der Kl trägt dafür die Beweislast.

Der 4. Senat hält an er jüngeren Rsp fest, wonach die Behauptungs- und Beweislast für die
Wahl und die Entwicklung der hypothetischen Alternativanlage – also des Minuenden bei
der Ermittlung des rechnerischen Schadens – den geschädigten Anleger trifft. Dies gilt
selbstverständlich nur unter der Voraussetzung, dass der Kl bei korrekter Beratung
überhaupt veranlagt hätte, was bei einem vorgefassten Anlageentschluss im Regelfall
anzunehmen ist.

Die Anforderungen an den Beweis der hypothetischen Kausalität sind bei einer (angeblichen)
Schädigung durch Unterlassen geringer als jene an den Nachweis der Verursachung bei einer
Schadenszufügung durch positives Tun. Es genügt die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass
der Schaden auf das Unterlassen des pflichtgemäßen Handelns zurückzuführen ist. Dieses
Kriterium liegt unter dem Regelbeweismaß der ZPO.

OGH 2. 8. 2012, 4 Ob 19/12s – RdW 2013/17

Die schadensauslösende Pflichtwidrigkeit der Bekl lag nicht in einer Fehlberatung anlässlich einer Anlageentscheidung, die den Kl veranlasst hätte, ein „falsches“ statt ein „richtiges“ Wertpapier zu erwerben, sondern in der Fehlberatung anlässlich des vom Kl beabsichtigten Verkaufs der Wertpapiere, die ihn zum Behalten derselben veranlasste. Hätte rechtmäßiges Verhalten der Bekl (richtige Beratung) dazu geführt, dass der Kl die gegenständlichen Immobilienaktien sofort verkauft hätte, liegt der Schaden in der Differenz zwischen dem hypothetischen Verkaufspreis zum Zeitpunkt der Fehlberatung und dem in der Folge tatsächlich erzielten Preis.

HG Wien 23. 7. 2012, 1 C 360/11i

Werden im Rahmen des § 154 Abs 3 ABGB Papiere gekauft, die nicht in den §§ 230a bzw 230 b ABGB aufgezählt sind, bedarf es einer pflegschaftsbehördlichen Genehmigung für die Rechtswirksamkeit des Kaufes. Mangels pflegschaftsgerichtlicher Genehmigung ist das Rechtsgeschäft unwirksam und daher rückabzuwickeln.

OGH 28. 6. 2012, 2 Ob 172/11z

Zur Frage wann ein öffentliches Prospekt iSd KMG vorliegt und zur nachträglichen Veröffentlichung eines Emissionsprospekts.

EuGH 28. 6. 2012, C-19/11 – ZFR 2012/61, 121

Ein Zwischenschritt, der einer Entscheidung eines börsennotierten Unternehmens vorausgeht, kann eine Insider-Information darstellen, über die die Finanzmärkte informiert werden müssen.

OGH 22. 6. 2012, 1 Ob 186/11a – JBl 2013, 444
Vgl Besprechungsaufsatz: Graf, Bund haftet endgültig für BWA/FMA-Versagen im Fall AMIS, ecolex 2012, 768

Gemäß § 24 Abs 1 WAG (in der bis 31. Oktober 2007 geltenden Fassung) hatte die Aufsichtsbehörde (BWA, FMA) bei ihrer Überwachungstätigkeit auch auf die Interessen der Anleger Bedacht zu nehmen. Kommen diese wegen einer Verletzung der auch zu ihrem Schutz statuierten Aufsichtspflichten zu Schaden, haftet der Bund nach den Bestimmungen des AHG.

Hinweis: Die FMA ist ab 1. 4 .2002 an die Stelle der BWA getreten.
Auch im geltenden § 91 Abs 1 WAG 2007 ist – wie in den § 24 Abs 1 WAG idF vor BGBl 2007/60 – festgeschrieben, dass die FMA im Rahmen ihrer Überwachungsaufgaben auch auf die Interessen der Anleger Bedacht zu nehmen hat.

OGH 14. 6. 2012, 3 Ob 49/12w – VRInfo 2012 H 8, 6; RdW 2012/749; ÖBA 2012, 849

Der Beratungsmangel besteht darin, dass die bei objektiver Betrachtung enorm hohen Risiken gegenüber dem Kunden als bloß gering dargestellt wurden.

Ein Kunde muss sich ein Mitverschulden anrechnen lassen, wenn er Informationsmaterial nicht beachtet und Risikohinweise nicht gelesen hat. Der Kl ist als Unternehmer wirtschaftserfahren. Ihm hätte daher klar sein müssen, dass hohe Erträge bei geringem Risiko nicht möglich sind. Dies hätte ihn zumindest zur Überprüfung der ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen veranlassen müssen und deren Durchsicht hätte ein ausreichendes Risikobewusstsein hervorrufen müssen. Dem Kl ist daher ein gleichteiliges Mitverschulden anzulasten.

Der konkrete Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass der Kl nicht bloß ein „Anlageprodukt“ erwarb, das iSd Vorrangs der Naturalrestitution Zug-um-Zug gegen Rückerstattung des Kaufpreises zurückgegeben werden kann. Der Kl schloss vielmehr mehrere Verträge mit verschiedenen Finanzunternehmen ab, die ihm nicht die Anlage bereits vorhandenen Vermögens, sondern erst den langfristigen Aufbau eines solchen in ferner Zukunft ermöglichen sollten. Jedenfalls in diesem Fall scheidet die sofortige Rückabwicklung der „Anlageentscheidung“ iSd Naturalrestitution aus. Der Kl darf nicht auf die Möglichkeit einer Leistungsklage verwiesen werden. Sein Feststellungsinteresse ist zu bejahen.

OGH 24. 5. 2012, 1 Ob 77/12y

Zu Inhalt und Umfang der Beratungspflicht bei der Veranlagung in Second-Hand-Lebensversicherungen.

OGH 16. 5. 2012, 5 Ob 146/11y – wbl 2012/271

Zur „Außenhaftung“ des Organmitglieds einer Emissionsbank nach allgemeinem Deliktsrecht und zu dessen Stellung als Beauftragter iSd § 255 AktG

OGH 17. 4. 2012, 4 Ob 174/11h

Zur Frage der Irrtumsanfechtung und Gewährleistung beim Kauf von Fondsanteilen.

Zur Beweislast eines Schadenersatzanspruches: Gelingt dem Kl der Beweis, dass die ihm erteilte Information zum Zeitpunkt ihrer Erteilung objektiv falsch war und dass er die Anlage bei zutreffender Information nicht getätigt hätte, so hat die Bekl zu behaupten und zu beweisen, dass sie keine Sorgfaltspflichten verletzt hat. Denn in diesem Fall stünde fest, dass die Bekl ihre Verpflichtung zur richtigen Information über das von ihr vermittelte Produkt objektiv nicht erfüllt hatte; die Bekl hätte sich daher nach § 1298 ABGB durch den Nachweis der Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt zu entlasten.

OGH 12. 4. 2012, 10 Ob 9/12i

Durch § 15 Abs 1 WAG 1996 kommt es zu einer gesetzlichen Konkretisierung vorvertraglicher und nebenvertraglicher Verpflichtungen.

Zum Rechtswidrigkeitszusammenhang bei Verletzung der durch § 15 Abs 1 WAG 1996 festgelegten Verpflichtungen.

OGH 27. 3. 2012, 4 Ob 184/11d

Handelt es sich bei Secondhand-Polizzen um eine Veranlagung iSv § 1 Abs 1 Z 3 KMG und liegt ein öffentliches Angebot iSv § 1 Abs 1 Z 1 KMG vor, so kann ein Verbraucher vom Vertrag zurücktreten, wenn das prospektpflichtige Angebot ohne vorherige Veröffentlichung eines Prospekts erfolgte.

OGH 15. 3. 2012, 6 Ob 13/12y

Zusicherungen von Verhandlungsgehilfen, die beim Anleger zu Fehlvorstellungen über die Risikogeneigtheit einer bestimmten Anlage führen, sind als Irrtum über wesentliche Eigenschaften der Beteiligung und damit als wesentlicher Geschäftsirrtum zu beurteilen.

OGH 15. 3. 2012, 6 Ob 28/12d

Zum Vorrang der Prospekthaftungsansprüche (§ 11 KMG) gegenüber aktienrechtlichen Bestimmungen über die Kapitalerhaltung.

Am Vorrang der Schadenersatzansprüche vor der Kapitalerhaltung ändert auch der Umstand nichts, dass die Ansprüche auf eine Verletzung der Vorschriften über die Ad-hoc-Publizität und auf Marktmanipulation gestützt werden. Sowohl die Ad-Hoc-Publizitätspflicht (§ 48d Abs 1 BörseG) als auch das Verbot marktmanipulativer Handlungen (§ 48a Abs 1 Z 2 BörseG) sind als Schutzgesetze zu qualifizieren. Die für die Erfüllung der Ad-hoc-Publizität verantwortliche Emittentin ist schadenersatzpflichtig, wenn pflichtwidrig und schuldhaft Ad-Hoc-Mitteilungen unterlassen wurden oder diese unrichtig waren. Marktmanipulatives Verhalten von Organmitgliedern oder sonstigen Repräsentanten iSd § 337 ABGB führt schon nach allg Grundsätzen zur Deliktshaftung der AG selbst.

Nicht jede Gläubigerstellung begründet als solche bereits den Vorrang gegenüber dem Verbot der Einlagenrückgewähr. Vielmehr ist zusätzlich die Prüfung erforderlich, ob die verletzten Normen bzw Verhaltenspflichten, auf die die Schadenersatzansprüche gestützt werden, den Aktionär eher als Drittgläubiger denn als Verbandsmitglied sehen. Die Interpretation, dass die Normen des KMG sowie des BörseG Anleger eher als Drittgläubiger behandeln, ist überzeugend.

Für das fortgesetzte Verfahren ist zu beachten, dass ein Feststellungsbegehren wegen Subsidiarität der Feststellungsklage dann nicht mehr in Betracht kommt, wenn bereits ein entsprechender Leistungsanspruch erhoben werden kann. Das bedeutet im vorliegenden Zusammenhang, dass ein Feststellungsbegehren nicht in Betracht kommt, wenn bereits ein Begehren auf Geldersatz oder Naturalrestitution möglich ist. Diese Rsp wurde zwar für Fälle von fehlerhafter Beratung entwickelt, sie lässt sich aber auf kapitalmarktrechtliche Verstöße übertragen.

Der OGH hat in einer Reihe von E bereits ausgesprochen, dass hypothetische Alternativanlagen zu berücksichtigen sind. Demnach kann der Auffassung, dem Anleger stehe jedenfalls der Ersatz des realen Schadens zu, der in der Differenz von Erwerbspreis und Veräußerungspreis der empfohlenen Produkte liege, nicht beigepflichtet werden. Es kann nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Anleger bei richtiger Aufklärung eine völlig risikolose Veranlagung vorgenommen hätte.
Der Geschädigte kann zwar Naturalrestitution begehren, er muss sich aber den „Vorteil“, der in der Rückabwicklung liegt, anrechnen lassen. Kursverluste, die nicht im Zusammenhang mit dem Beratungsfehler stehen, sind daher vom Anleger zu tragen.

OGH 28. 2. 2012, 4 Ob 16/12z – ZFR 2012/71, 134 = RdW 2012/482, 465

Zur Frage des Mitverschuldens.

OGH 28. 2. 2012, 8 Ob 17/12a

Zur möglichen Solidarhaftung von J* M* und A*: Die Kläger haben ein ausreichend konkretes Vorbringen dazu erstattet, dass beide Beklagten aufgrund bestimmter Irreführungs- und Täuschungshandlungen als Mit- bzw Beitragstäter für die geltend gemachten Veranlagungsschäden solidarisch verantwortlich sind.

OGH 31. 1. 2012, 1 Ob 1/12x – Zak 2012/330, 162

Als „vierte Säule“ der Finanzierung der Entschädigungseinrichtung ist in § 76 Abs 3 S 4 WAG 2007 vorgesehen, dass diese bei nicht hinreichendem Haftungsvermögen zur Erfüllung der restlichen Auszahlungsverpflichtungen Darlehen aufzunehmen oder Schuldverschreibungen auszugeben hat. Es handelt sich bei dieser Bestimmung um eine interne Regelung der Mittelaufbringung der Entschädigungseinrichtung; mit dieser Bestimmung werden den einzelnen Anlegern keine subjektiven Ansprüche darauf eingeräumt, dass die Entschädigungseinrichtung von dieser „vierten Säule“ ihres Finanzierungssystems Gebrauch macht.

OGH 31. 1. 2012, 1 Ob 251/11k – JBl 2012, 378; ZFR 2012/72, 134; RdW 2012/420, 401; RZ 2012, 257; ÖBA 2013/1915, 353

Zum Verhältnis von Naturalrestitution mittels Leistungsklage und Feststellungsklage.

Durch die Naturalrestitution nicht ausgeglichen wird jener (typischerweise noch nicht bezifferbare) Vermögensvorteil, der dem Geschädigten zugekommen wäre, wenn er den zu veranlagenden Betrag in eine seinem Wunsch nach Sicherheit entsprechende Alternativanlage investiert hätte.

Soweit dem geschädigten Anleger nach materiellrechtlichen Grundsätzen das Recht zustehen soll, zwischen Geldersatz und Naturalersatz zu wählen oder nach erfolgloser Geltendmachung von Naturalersatz auf einen Differenzanspruch in Geld „umzusteigen“, muss ihm im prozessualen Kontext auch die Möglichkeit gewährt werden, zur Vorbereitung der späteren Geltendmachung eines noch nicht bezifferbaren Geldersatzanspruchs die maßgeblichen Fragen der Haftung dem Grunde nach in einem Feststellungsprozess klären zu lassen. Einem Geschädigten, der materiell berechtigt ist, Geldersatz zu verlangen, kann das rechtliche Interesse an einer Feststellung der Ersatzpflicht des Schädigers nicht mit Argument abgesprochen werden, wenn er auf Geldersatz verzichtet und sich auf den Naturalersatz verweisen lässt, falle sein Feststellungsinteresse weg.

Zum Mitverschulden des Geschädigten und zum Einwand der Verletzung der Schadensminderungspflicht in einem Feststellungsprozess.

OGH 25. 1. 2012, 7 Ob 8/12w – RdW 2012/276, 276 = ZFR 2012/68, 132

Zur Berücksichtigung einer hypothetischen Alternativanlage, Schadensberechnung und Vorteilsanrechnung.

OLG Wien 25. 1. 2012, 5 R 229/11z

Zu Inhalt und Umfang der Aufklärungspflichten, Mitverschulden und Verjährung.

OGH 18. 1. 2012, 3 Ob 214/11h

Die Risikogeneigtheit (= Risikoklasse) einer Anlageform als Produkteigenschaft ist der Risikobereitschaft (= Risikoerwartung) des Anlegers gegenüber zu stellen, die dessen Anlageziel entsprechen muss.

OGH 18. 1. 2012, 3 Ob 241/11d

Zum Umfang der Aufklärungspflichten des Anlageberaters und zur Frage, ob der Finanzdienstleistungsassistent Erfüllungsgehilfe ist.

OGH 17. 1. 2012, 5 Ob 246/11d

Zum Mitverschulden des Kunden bei der Anlageberatung.

OGH 22. 12. 2011, 1 Ob 208/11m – RdW 2012/275, 275; ÖBA 2013/1916, 356

Im Fall eines „Bauherrnmodells“, das der geschädigte Anleger aufgrund der Fehlberatung gezeichnet hat, würde die Naturalrestitutionspflicht des Anlageberaters bedeuten, dass diesem die Beteiligung an dem Modell und an einer Miteigentumsgemeinschaft aufgedrängt wird. Ob darin eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Interessen des Schädigers liegt, die den Naturalersatz ausschließen würde, ist anhand der konkreten Ausgestaltung des Modells zu beurteilen.

OGH 22. 12. 2011, 1 Ob 181/11s – RdW 2012/360, 342

Konkludent zustande gekommener Vermögensverwaltungsvertrag.

OGH 20. 12. 2011, 8 Ob 129/10v – ÖBA 2012/1824, 477 = ecolex 2012/199 (Vgl Besprechungsaufsatz: Kainz, Es muss nicht immer der Schaden des Anlegers sein – oder doch? Zum Feststellungsbegehren und dem Ruf nach (ein bisschen mehr) Gerechtigkeit, ecolex 2012, 462

Zum korrekten Klagebegehren bei mangelhafter Anlageberatung.

OGH 20. 12. 2011, 10 Ob 61/11k – ÖBA 2012/1816, 404

Zur Kausalität der Verletzung von Sorgfalts- bzw Aufklärungspflichten, insb zum hypothetischen Kausalverlauf.

OGH 14. 12. 2011, 3 Ob 225/11a – ÖBA 2012/1815, 402

Zur Behauptungs- und Beweislast im Fall der Anlageberatung.

OGH 24. 11. 2011, 1 Ob 39/11h – ÖBA 2012/1821, 472

Zur Frage der Verletzung von § 8a Abs 2 Z 1 und § 4 Abs 1 KMG durch die Finanzmarktaufsichtsbehörde.

OGH 22. 11. 2011, 8 Ob 107/11k – ÖBA 2012/1808, 330 = RdW 2012/273, 274 = ZFR 2012/38, 84 = JusGuide 2012/01/9537

Das Anlageziel ist durch die Erstellung eines Anlageprofils zu ermitteln. Aufgabe des Beraters ist es, das von Kunden verfolgte Anlageziel mit der Risikoklasse des Investments abzustimmen. Besteht in dieser Hinsicht eine Divergenz, so muss im Rahmen einer ordnungsgemäßen Anlageberatung auf diesen Umstand und die dafür maßgebenden Faktoren deutlich hingewiesen werden.

OGH 22. 11. 2011, 2 Ob 198/11y

Zum Mitverschulden des Kunden bei unrichtiger Anlageberatung.

OGH 22. 11. 2011, 4 Ob 70/11i – RdW 2012/207, 209; ZFR 2012/65, 128; ÖBA 2013/1899

Der Rechtswidrigkeitszusammenhang mit einer mangelhaften Beratung kann vorliegen, auch wenn sich ein Anlagerisiko verwirklicht hat, vor dem der Berater mangels Erkennbarkeit nicht warnen musste. Ein solcher Fall liegt vor, wenn die Zusicherung völliger Risikolosigkeit das Vorhandensein besonderer Informationen impliziert und sich diese Kenntnisse auf den einzig relevanten Risikofaktor – Bonität der Emittentin – beziehen.

OGH 22. 11. 2011, 4 Ob 93/11x – RdW 2012/13, 3 = ZFR 2012/40, 88
Vgl Besprechungsaufsatz Schima, OGH: Aktienzertifikate kein „Aliud“ gegenüber Aktien – Anmerkungen zu OGH 22. 11. 2011, 4 Ob 93/11x, RdW 2012, 3.

Zur Frage der Aliudlieferung beim Erwerb von namensaktienersetzenden Zertifikaten (ADC).

OLG Linz 16. 11. 2011, 1 R 65/11a

Zur Haftung des Vermögensberaters für mangelhafte Risikoaufklärung über ein Fremdwährungskreditgeschäft.

OLG Wien 25. 10. 2011, 1 R 209/11d

Zur Frage des Vorliegens eines Geschäftsirrtums, wenn dem Anleger die Möglichkeit eines Kapitalverlusts bei einer Aktie allgemein bekannt ist, der Berater aber den Eindruck vermittelt, dass es sich konkret um den Erwerb eines von anderen Aktien deutlich unterschiedlichem Papier mit sicheren Ertragsmöglichkeiten handelt.

OGH 24. 10. 2011, 8 Ob 135/10a – ÖBA 2012/1805, 323 = RdW 2012/274, 275

Den Geschädigten trifft eine Erkundigungspflicht, wenn er die für die erfolgsversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen kann. Ist dies zu bejahen, gilt die Kenntnisnahme in dem Zeitpunkt erlangt, in dem sie ihm bei angemessener Erkundigung zuteil geworden wäre. Der geschädigte Anleger kann sich nicht darauf berufen, die ihm übermittelten Informationen generell nicht zu lesen.

Den geschädigten Anleger trifft ein Mitverschulden, wenn er übergebene Informationen nicht liest und nicht weiter nachfragt, ob das Finanzprodukt tatsächlich seinen Erwartungen entspricht, obwohl er selbst das Finanzprodukt nicht versteht.

OGH 24. 10. 2011, 8 Ob 11/11t – ZFR 2012/41, 90 (mit Anm Felten) = JusGuide 2012/06/9651

Ist das von einem SV-Träger geplante Zins-Swap-Geschäft als reines Spekulationsinvestment zu beurteilen, bedarf es zu seiner Wirksamkeit der aufsichtsbehördlichen (ministeriellen) Genehmigung (keine Genehmigungsfreiheit als Derivatgeschäft iSd § 446 Abs 2 ASVG).

Die Bank wäre vor Vertragsabschluss verpflichtet gewesen, den SV-Träger auf dessen ausdrückliche Anfragen hin eine sachlich richtige Auskunft über ihr generell fehlendes wirtschaftliches Interesse an der Ausübung des Kündigungsrechts zu geben, um ihr den bestehenden Interessenkonflikt deutlich zu machen.

Auch eine hohe Professionalität des Kunden kann nicht ausschließen, dass er im Einzelfall bezüglich eines bestimmten Geschäfts doch einer Fehlvorstellung unterliegt; kann der Anlageberater dies erkennen, dann hat er den Kunden speziell darüber aufzuklären.

LGZ Wien 11. 10. 2011, 24 Cg 69/09g

Die finanzierende Bank haftet für den Schaden aus einer Fehlberatung zu einem Fremdwährungskredit, wenn sie einen unbedarften Konsumenten nicht über die massiven Risiken aufklärt.

OGH 4. 10. 2011, 10 Ob 39/11z – ZFR 2012/39, 85 (mit Anm Bayer); ÖBA 2013, 278

Erkundigungspflicht der Konsumentin über das Anlageprodukt darf nicht überspannt werden. Einem Anleger, der davon ausgeht, dass die empfohlene Investition keinem Kursrisiko unterliegt, kann und muss der Irrtum erst dann bewusst werden, wenn ihm bekannt wird, dass seine Investition eine negative Kursentwicklung nimmt.

OGH 29. 9. 2011, 1 Ob 85/11y – ÖBA 2012/1804, 319 = RdW 2012/210, 211

Vom Eintritt des (realen) Schadens ist die subjektive Kenntnis des Geschädigten von diesem Schaden zu unterscheiden. Infolge der unterbliebenen Zinszahlungen und der Umschuldungsangebote ab 2003, von denen der Kl eines annahm und damit seinen Schaden teilweise realisierte, musste ihm im Jahr 2003 bewusst sein, dass die erhaltene Beratung unrichtig war und ihm gerade kein kapitalsicheres Produkt empfohlen wurde. Zu diesem Zeitpunkt war auch ein subjektives Fehlverhalten des Regionalleiters der Bekl für den Kl erkennbar. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass den Kl eine Erkundigungsobliegenheit traf. Ausgehend von der Kenntnis des Kl von (realem) Schaden und Schädiger im Jahr 2003 (§ 1489 S 1 ABGB) ist der erst am 11. 3. 2009 eingeklagte Anspruch auf Schadenersatz durch Naturalrestitution verjährt.

Ein arglistiges Verhalten der Bekl anlässlich der Beratung des Kl im Zusammenhang mit dem Ankauf der 9 % Republik Argentinien Anleihe 99-06 liegt nicht vor. Den behaupteten Beratungsfehler durch Verschweigen des Ratings der Argentinien-Anleihe konnte der Kl nicht beweisen.

Mangels einer Beurteilungsgrundlage für das Vorliegen der Voraussetzungen des Rücktritts gem § 5 KMG ist derzeit zu den Rücktrittsfolgen nicht Stellung zu nehmen.

OGH 28. 9. 2011, 7 Ob 107/11b – RdW 2012/219, 215
Vgl dazu Besprechungsaufsatz Baier, Die Rechtsprechung des OGH zum Dragon FX Garant – Ein Überblick, ZFR 2012/59, 113.

Kommt einer Bank nur die Funktion der depotführenden Stelle zu, können ihr Fehlberatungen durch einen Mitarbeiter des Vertriebspartners nicht zugerechnet werden. Eine Beratungsverpflichtung darüber, ob ein Anlageprodukt für die Zwecke des Anlegers geeignet ist, ist nur Inhalt des Vertrages zwischen dem Anleger und dem Vertriebspartner.

LGZ Graz 27. 9. 2011, 12 Cg 22/09z

Die Empfehlung eines mit einem Fremdwährungskredit finanzierten Pensionsmodells stellt für einen sicherheitsorientierten Verbraucher eine eklatante Fehlberatung dar.

OGH 20. 9. 2011, 4 Ob 136/11w – ÖBA 2012/1793, 188 = ZFR 2012/10, 29 = RdW 2012/212, 212

Zur Kausalität eines mangelhaften Kapitalanlageprospekts.

OGH 16. 9. 2011, 2 Ob 66/11m – ZFR 2012/9, 29 = RdW 2012/211, 211

Trat der die Wertpapiere kaufende Anleger mit dem Anlagevermittler nie in direktem Kontakt, sondern nur über Vermittlung seines Arbeitskollegen, liegt kein Fall einer Eigenhaftung des Anlagevermittlers vor.

OGH 14. 9. 2011, 6 Ob 9/11h – RdW 2012/209, 210; ÖBA 2013, 280

Hat ein potenzieller Anleger aufgrund bestimmter unrichtiger Erklärungen eines Beraters ein Finanzprodukt mit unerwünschten Eigenschaften erworben, so ist der Schaden bereits durch den Erwerb eingetreten und die gebührende Naturalrestitution besteht grundsätzlich in der Rückabwicklung des Finanzprodukts Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich der erhaltenen Zinszahlungen.

Dieser auf Naturalrestitution gerichtete Anspruch besteht auch gegenüber dem Berater, von dem die Finanzprodukte nicht erworben werden.

Nach stRsp setzt der Beginn der Verjährungsfrist die Kenntnis des Verletzten vom Schaden voraus, die bloße Möglichkeit der Kenntnis genügt nicht. Dass die Anlegerin unter Umständen die Möglichkeit gehabt hätte, aus allfälligen schriftlichen Informationen mehr als drei Jahre vor Klagseinbringung über die Risikoträchtigkeit der gezeichneten Zertifikate Kenntnis zu erlangen, ändert an der Beurteilung der Verjährung nichts.

HG Wien 18. 8. 2011, 51 Cg 40/11f

Zum Umfang der Beratungspflicht eines Anlageberaters.

OGH 9. 8. 2011, 4 Ob 50/11y – ÖBA 2011/1760, 898 = RdW 2012/107, 92

Das (reine) Depotgeschäft, bei dem die Bank die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren für andere übernimmt ist mangels Nennung in § 11 Abs 1 WAG keine Dienstleistung, die den Wohlverhaltensregeln des WAG 1997 unterliegt.

Hat die Bekl auch den An- oder Verkauf der Wertpapiere durchgeführt (oder hätte durchführen sollen), wäre die Bekl zur Einhaltung der Wohlverhaltensregeln des WAG 1997 verpflichtet gewesen.

Die Information, dass jener Rechtsträger, der die in Aussicht genommenen Genussscheine emittiert, ohne die für seine Tätigkeit erforderliche Konzession handelt, trägt wesentlich zur Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit des Rechtssubjekts und der von ihm angebotenen Form der Vermögensveranlagung bei. Sie ist daher wesentlich iSd § 13 Z 4 WAG 1997. War die Bekl als „Hausbank“ wirtschaftlich eng mit der Invest AG und der Emittentin verbunden und in den Vertrieb von deren Finanzprodukten eingebunden, so war sie verpflichtet, sich über das Geschäftsmodell der Emittentin und das Vorhandensein der dafür erforderlichen Konzessionen zu informieren. Unkenntnis könnte sie daher nicht entlasten.

Wesentlich ist auch die Information über die bei An- und Verkauf der Genussscheine anzuwendenden Abwicklungsrichtlinien. Indem die Abwicklungsrichtlinien eine Verständigung und Mitwirkung der Invest AG bzw der Emittentin vorschreiben, schränken sie die Verkehrsfähigkeit (Fungibilität) der Genussscheine ein. Eine derartige Einschränkung der Verkehrsfähigkeit läuft den Interessen des Anlegers zuwider, weshalb auch darüber grundsätzlich aufzuklären ist.

War das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen auf einen Depotvertrag beschränkt, so kommt nach dem bereits Gesagten ein Schadenersatzanspruch nach WAG 1997 nicht in Betracht. Als Verwalterin fremden Vermögens hat die Beklagte auch als (bloße) Depotbank die Pflicht, die Interessen des Auftraggebers bestmöglich zu wahren und ihn über wichtige Umstände aufzuklären.

Interessenkollisionen, die erhöhte Informationspflichten auslösen, können aus einer Reihe von Gründen entstehen. So etwa auch aus der hier behaupteten engen wirtschaftlichen Verflechtung der Beklagten mit der Emittentin und der Invest AG beim Vertrieb der Genussscheine. Dieser Interessenkonflikt löste als Ausfluss vertraglicher Sorgfalts- und Treuepflicht eine erhöhte Aufklärungspflicht der Beklagten gegenüber dem Kläger aus.

Diese Aufklärungspflicht bezieht sich nicht allein auf die Interessenkollision als solche, sondern auch auf alle anderen Umstände der Vermögensanlage, die einen Einfluss auf die Anlageentscheidung der Kunden haben konnten. Dazu zählte gegebenenfalls auch das Fehlen einer für das Kerngeschäft der Emittentin erforderlichen Konzession.

Präventions- und Sanktionserwägungen in Bezug auf die unrichtige Beratung reichen für sich allein zur Begründung der Haftung nicht aus. Anders verhält es sich aber dann, wenn zwar bezüglich eines bestimmten Risikos keine Aufklärungspflicht bestand, die Verletzung anderer Informationspflichten aber dazu führte, dass sich die Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung dieses (letztlich eingetretenen) Risikos bei objektiver Betrachtung nicht bloß unerheblich erhöhte.

Für den Fall, dass sich das Konkursrisiko verwirklichte, wäre der Rechtswidrigkeits-zusammenhang zwischen der unterlassenen Aufklärung über die (allenfalls) fehlende (Bank-) Konzession und dem Eintritt der Insolvenz zu bejahen, weil das Risiko einer Insolvenz bei Vorhandensein einer Bankkonzession zweifellos geringer gewesen wäre.

OGH 18. 7. 2011, 6 Ob 116/11v – ÖBA 2012/1772, 67
Vgl dazu Besprechungsaufsatz Baier, Die Rechtsprechung des OGH zum Dragon FX Garant – Ein Überblick, ZFR 2012/59, 113.

Keine Aufklärung über das allgemeine Insolvenzrisiko von Emittentin und Garantin notwendig, wenn vor oder bei Auftragserteilung der Werbe- bzw Informationsprospekt vorlag und die Anleger die Kaufentscheidung (allein) aufgrund dieser Broschüre getroffen haben.

Anders dagegen, wenn der Kl von der bekl Bank nicht darauf hingewiesen wurde, dass es sich beim „Dragon FX Garant“ um kein Produkt der Bekl handelt bzw wer Emittentin und/oder wer Garantin war.

Gem § 13 Z 4 WAG 1997 hatte die Bekl ihren Kunden alle zweckdienlichen Informationen mitzuteilen, soweit dies zur Wahrung der Interessen der Kunden und im Hinblick auf Art und Umfang der beabsichtigten Geschäfte erforderlich war.

Dass zu diesen Informationspflichten zumindest auch die Person der Emittentin und jene der Garantin gehört hätten ist durchaus vertretbar. Der Kl ist deshalb einem Geschäftsirrtum unterlegen.

OGH 7. 7. 2011, 5 Ob 18/11z – ZFR 2011/180, 331

Zur Irrtumsanfechtung wegen eines Geschäftsirrtums über wesentliche Eigenschaften der erworbenen Zertifikate, der durch eine vom Bekl (mit-)zuverantwortende Werbebroschüre veranlasst wurde.

OGH 31. 8. 2011, 7 Ob 113/11k
OGH 26. 7. 2011, 1 Ob 108/11f – ZFR 2011/178, 330
OGH 6. 7. 2011, 5 Ob 56/11p
OGH 26. 4. 2011, 8 Ob 38/11p

Nach § 5 Abs 1 KMG können Verbraucher von ihrem Angebot oder vom Vertrag zurücktreten, wenn ein prospektpflichtiges Angebot ohne vorhergehende Veröffentlichung eines Prospekts oder der Angaben nach § 6 KMG (wesentliche, ändernde oder ergänzende Angaben) erfolgt.

Bei Nichtveröffentlichung bloß der endgültigen Bedingungen besteht kein Rücktrittsrecht wie im Fall, dass ein zweiter Nachtrag sämtliche relevanten Angaben enthält und dieser ordnungsgemäß veröffentlicht wird. Der Anleger ist ebenfalls nicht zum Rücktritt berechtigt, wenn ein Prospekt erstellt und veröffentlicht wurde, aber sein Inhalt fehlerhaft ist.

OGH 5. 7. 2011, 4 Ob 44/11s – ZFR 2011/145, 272 = RdW 2011/735, 733 = Zak 2011/619, 334

Bei der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen hat der Verkäufer jedenfalls dann für die ausdrücklich zugesagten oder gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens Gewähr zu leisten, wenn damit in Wahrheit das Unternehmen selbst veräußert wird; das trifft zu, wenn die Veräußerung alle oder doch einen die Beherrschung sichernden Teil der Geschäftsanteile erfasst.

Mängel des Unternehmens können aber auch beim Erwerb einer Minderheitsbeteiligung relevant sein. Maßgebend ist die Auslegung des konkreten Vertrages; es ist zu klären, wieweit der Anteilserwerb Risikogeschäft ist und wieweit die – vom Zustand des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens abhängige – Güte eines Anteils ausdrücklich oder stillschweigend zum Gegenstand des Geschäfts gemacht worden ist.

Im vorliegenden Fall diente der Aktienkauf nicht dazu, einen beherrschenden oder wenigstens auf Minderheitsrechten beruhenden Einfluss auf die Gesellschaft zu erlangen; sein Zweck war vielmehr ausschließlich die Veranlagung und vor allem die weit über das Übliche hinausgehende Vermehrung des Vermögens. Die Aktien wurden nicht an der Börse, sondern – offenbar ohne Vorliegen eines Emissionsprospekts – als „Geheimtipp“ auf einem „grauen“ Markt gehandelt.

Auf dieser Grundlage musste dem Kl bewusst sein, dass er ein Risikogeschäft schloss, bei dem sowohl der mögliche Ertrag als auch der mögliche Verlust allein in seine Sphäre fallen würde. Ein vertraglich geschütztes Vertrauen auf eine bestimmte Güte der Aktien kommt unter diesen Umständen nicht in Betracht. Besondere Zusicherungen über die Eigenschaften des Unternehmens macht der Bekl nicht. Zudem war er ebenfalls ein Privatanleger; der Kl durfte daher nicht annehmen, der Bekl verfüge über besondere Kenntnisse in Bezug auf den Zustand und die Aussichten des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens.
Der Bekl war aufgrund des Vertrages lediglich verpflichtet, dem Kl Aktien der Schweizer Gesellschaft zu verschaffen, die – ebenso wie andere Wertpapiere, die auf „grauen“ Märkten gehandelt werden – abstrakt geeignet waren, auf steigende Kurse zu spekulieren. Diese Pflicht hat er erfüllt; für die konkrete Eignung der Aktien zur Erhaltung oder Vermehrung des Vermögens hat er nicht einzustehen.

OGH 5. 7. 2011, 4 Ob 200/10f – ZFR 2011/179, 330; ÖBA 2013/1898

Im vorliegenden Fall führte die pflichtwidrige Unterlassung der Aufklärung, dass es sich um kursriskante Beteiligungspapiere und damit um alles andere als eine kapitalsichere Anlage handelt, zu einer nicht bloß unerheblichen Erhöhung des Risikos von Kursmanipulationen, die im Fall von Beteiligungspapieren wesentlich häufiger vorkommen als bei einer Anlageform mit Kapitalgarantie (bei einem Sparbuch hätte das Risiko überhaupt nicht bestanden). Es liegt auch nicht außerhalb aller Lebenserfahrung und stellt keine außergewöhnliche Verkettung von Umständen dar, wenn Emittenten „Kurspflege“ – sei es auch durch Wertpapierrückkauf – betreiben.

OGH 5. 7. 2011, 4 Ob 62/11p – ÖBA 2011/1759, 892 (mit Anm Ramharter) = ZFR 2011/146, 274 = RdW 2011/732, 732 = wbl 2012/12, 44 (mit Anm van Husen) = Zak 2011/669, 357

Hat sich ein Anlagerisiko verwirklicht, vor dem der Berater mangels Erkennbarkeit nicht warnen musste, so ist der Rechtswidrigkeitszusammenhang mit einer aus anderen Gründen mangelhaften Beratung dennoch zu bejahen, wenn diese Beratung und die darauf beruhende Veranlagung die Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung des tatsächlich eingetretenen Risikos nicht bloß unwesentlich erhöhte.

OGH 29. 6. 2011, 8 Ob 132/10k – ÖBA 2011/1758, 888 (mit Anm Ramharter) = ZFR 2011/152, 281 = RdW 2011/733, 732

Liegt der entscheidende Beratungsfehler in der pflichtwidrigen Unterlassung einer Aufklärung über die Möglichkeit eines Kursabsturzes an sich, ist damit auch ein Schaden durch Kursabsturz infolge von Marktmanipulationen adäquat herbeigeführt. Auch der Rechtswidrigkeitszusammenhang ist evident, weil eine Aufklärung über das Kursrisiko gerade verhindern soll, dass der unwissende Anleger mit einer ungewollten spekulativen Anlageform einen Kapitalverlust erleidet, der ihm bei richtiger Beratung, die zur Auswahl eines nicht marktabhängigen Wertpapiers geführt hätte, nicht erwachsen wäre.

Vor dem Nachkauf des zweiten Teils der Zertifikate wusste die Konsumentin bereits, dass der Kurs der Wertpapiere gesunken und folglich die Behauptung ihres Beraters, sie könne die Zertifikate jederzeit ohne Verluste verkaufen, definitiv falsch war. Bei diesem Sachverhalt hätte die Konsumentin die mangelnde Verlässlichkeit ihres Beraters iSd § 1299 ABGB bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen können.

OGH 22. 6. 2011, 2 Ob 207/10w – ÖBA 2011/1764, 905 = RdW 2012/35, 25

Die Banken orientieren sich bei der Risikoklassifizierung von Anleihen ohne gesetzliche Vorgaben an den „Ratings“. Diese „Ratings“ lassen offenbar eine Risikoklassifizierung in einer gewissen Bandbreite zu.
Hat die Bank den Wertpapierkauf unzutreffend als „beratungsfreies Geschäft“ eingeordnet, ändert dies nichts an der Beweislast hinsichtlich der erfolgten Aufklärung: Die Beweislast für die mangelhafte Aufklärung liegt beim Anleger.

OGH 21. 6. 2011, 1 Ob 46/11p – JBl 2011, 713 = ÖBA 2012/1778, 117 = RdW 2012/20, 17 = Zak 2011/792, 418
Vgl Besprechungsaufsatz Wilhelm, Der „unbekannte objektive Schaden“: Zur Berechnung des Anlegerschadens, ecolex 2011, 891.
Vgl Besprechungsaufsatz G. Graf, Der gefälschte Verkaufsauftrag beim Wertpapierdepot und seine Rechtsfolgen – Überlegungen aus Anlass der E OGH 1 Ob 46/11p, ZFR 2012, 18.

Die sehr volatilen Wertpapieren immanenten Kursschwankungen rechtfertigen es, die vom Kl gewünschte objektiv-abstrakte Berechnung des Schadens auf Basis des gemeinen Werts abzulehnen und einer subjektiv-konkreten Schadensberechnung den Vorzug zu geben, wie sie auch in den Fällen der Schädigung von Anlegern aufgrund unrichtiger Beratung und/oder Irreführung bei Erwerb der Anlage vertreten wird.

OGH 31. 5. 2011, 10 Ob 30/11a – ZFR 2011/147, 276 = ÖBA 2012/1770, 62 = RdW 2011/734, 733

Zu Inhalt und Umfang der Beratungspflicht, insb zur Frage, ob auf das allgemeine Bonitätsrisiko und die aus diesem Grund gegebene Möglichkeit des Totalverlusts des Investments hinzuweisen ist.
Im Hinblick auf das Veranlagungsziel einer sicheren Anlageform und der Einstufung der empfohlenen (privaten) Anleihe mit zugesagter Kapitalgarantie in die Risikoklasse 4 als „spekulative Veranlagung mit eventuellem Totalverlust-Risiko“ ist eine Aufklärungspflicht des Beraters über das Bonitätsrisiko keinesfalls von vornherein mit der Begründung zu verneinen, dieses Risiko sei bloß theoretisch-abstrakter Natur und deshalb vernachlässigbar.

LG St. Pölten 26. 5. 2011, 21 R 122/11s

Kein Mitverschulden der Kl, da sie nicht von einer besonderen Unerfahrenheit des Beraters hätte ausgehen müssen und es folglich nicht ihre Pflicht war, die Auskünfte des Beraters zu überprüfen.

OGH 25. 5. 2011, 8 Ob 47/11m – Zak 2011/524, 278

Da eine allgemeine Pflicht zur Aufklärung über die theoretische Möglichkeit der Insolvenz einer Emittentin oder Garantin, für deren Eintritt keinerlei aktuelle Anhaltspunkte vorliegen, zu verneinen ist, kommt es auf die Kausalität der Unterlassung einer solchen Aufklärung für den Kaufentschluss nicht an.

OGH 24. 5. 2011, 1 Ob 88/11i – ZFR 2011/181, 331

Zur Aufklärungspflichtverletzung beim Erwerb eines Zins-Cap-Optionsscheins.

OLG Wien 2. 5. 2011, 14 R 36/11h

Anlegern, denen aus den Malversationen des Finanzdienstleisters AMIS Schäden entstanden sind, haben einen Anspruch auf Schadenersatz gegen die Republik Österreich, weil die zuständige Aufsichtsbehörde ihre Aufsichtspflicht verletzt hat.

OGH 27. 4. 2011, 7 Ob 165/10f – ÖBA 2011/1749, 759 = ZFR 2011/177, 327

Zur Haftung der Entschädigungseinrichtung gem WAG 1996 und WAG 2007.

OGH 27. 4. 2011, 5 Ob 35/11z

Zum Einwand eines Mitverschuldens des Kunden.

OGH 26. 4. 2011, 8 Ob 38/11p – ÖBA 2011/1756, 830
Vgl dazu Besprechungsaufsatz Baier, Die Rechtsprechung des OGH zum Dragon FX Garant – Ein Überblick, ZFR 2012/59, 113.

Vgl Leitsatz zu OGH 23. 3. 2011, 4 Ob 20/11m und OGH 15. 12. 2010, 4 Ob 176/10a.
Zur Prospektpflicht nach § 2 KMG.

OGH 22. 4. 2011, 6 Ob 91/10s – ÖBA 2011/1755, 828 = JBl 2011, 439 = ZFR 2011/148, 278 = RdW 2011/553, 526

Zur Haftung des Vermögensverwalters wegen einer punktuellen Anlageberatung; zur Schadensberechnung beim Ersatz des Werts der hypothetischen Alternativanlage.

Hätte der Anleger bei richtiger Beratung durch die Vermögensverwalterin die Weisung erteilt, bestimmte Wertpapiere zu verkaufen und um den Verkaufserlös bestimmte andere Wertpapiere zu kaufen, kann der Anleger in der Folge den Ersatz des Werts der hypothetischen Alternativanlage auch dann bereits mit Leistungsklage geltend machen, wenn er die ungewollt gehaltenen Wertpapiere noch gar nicht veräußert hat. Diese sind an die Vermögensverwalterin herauszugeben, wobei ihr Wert bei der Schadensberechnung nicht mindernd anzusetzen ist.

LG Linz 12. 4. 2011, 1 Cg 201/10i

Stellt eine garantierte Verzinsung eine wesentliche Eigenschaft des Finanzproduktes dar, ist deren Wegfall als wichtiger Grund zu qualifizieren, der die atypisch stille Gesellschafterin zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt.

OGH 30. 3. 2011, 7 Ob 77/10i – ÖBA 2011/1724, 501 = RdW 2011/416, 401 = ecolex 2011/228, 609 mit Anm Wilhelm = GesRZ 2011, 251 mit Anm Diregger = ZFR 2011/130, 238 mit Anm Gruber = wbl 2011/189, 500
Vgl Besprechungsaufsatz Karollus, Neues zur Prospekthaftung (Konkurrenz zum Verbot der Einlagenrückgewähr und zur „fehlerhaften Gesellschaft“, Kausalität des Prospektfehlers für die Disposition des Anlegers, Schadensberechnung und Schadensnachweis) – Anmerkungen zu OGH 30. 3. 2011, 7 Ob 77/10i, ÖBA 2011, 450.
Vgl G. Graf, OGH verteidigt Prospekthaftung, ecolex 2011, 599.
Vgl Krejci, Anlegerschutz des Aktionärs, Kapitalerhaltung und fehlerhafte AG, GesRZ 2011, 193.
Vgl Roth, Kapitalerhaltung versus Prospekthaftung: Die europäischen Richtlinien, JBl 2012, 73.

Zum Verhältnis von Prospekthaftungsansprüchen und §§ 52 ff AktG. Zur Haftung nach § 11 KMG und Schadensberechnung.

OGH 29. 3. 2011, 5 Ob 246/10b – ÖBA 2011/1757, 887 (mit Anm Ramharter) = RdW 2011/554, 527

Hat ein Anleger aufgrund bestimmter Erklärungen eines Mitarbeiters der Anlageberaterin ein Finanzprodukt mit an sich nicht gewünschten Eigenschaften erworben, so ist der Schaden bereits durch den Erwerb eingetreten und die gebührende Naturalrestitution besteht grundsätzlich in der Rückübertragung des Finanzprodukts Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises. Auf die spätere Kursentwicklung des Finanzprodukts und die dafür maßgeblichen Gründe kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

OGH 26. 4. 2011, 8 Ob 151/10d – ZFR 2011/149, 279 = ecolex 2011/260, 698 (mit Anm Wilhelm)
OGH 29. 3. 2011, 10 Ob 10/11k – ÖBA 2011/1744, 664 = JBl 2011, 437 = RdW 2011/492, 469

Zur Irrtumsanfechtung eines Kommissions- und Kaufvertrages über Wertpapiere. Keine Sorglosigkeit der Anlegerin, weil sie auf den Verkaufsprospekt vertraut hat.

OGH 21. 12. 2011, 9 Ob 5/11t
OGH 29. 9. 2011, 1 Ob 132/11k – ZFR 2012/11, 29
OGH 26. 7. 2011, 1 Ob 135/11a – ÖBA 2012/1771, 66
OGH 26. 7. 2011, 1 Ob 108/11f – RdW 2012/100, 88
OGH 26. 7. 2011, 1 Ob 109/11b
OGH 28. 4. 2011, 1 Ob 71/11i
OGH 23. 3. 2011, 4 Ob 20/11m – JBl 2011, 708 = RdW 2011/501, 474

Zur Aufklärung über die Bonität des Emittenten.

OGH 29. 9. 2011, 1 Ob 132/11k – ZFR 2012/11, 29
OGH 31. 8. 2011, 7 Ob 113/11k – RdW 2012/99, 88
OGH 29. 6. 2011, 7 Ob 79/11k
OGH 7. 6. 2011, 5 Ob 56/11p
OGH 26. 4. 2011, 8 Ob 148/10p
OGH 27. 4. 2011, 7 Ob 29/11g – ZFR 2011/150, 280
OGH 23. 3. 2011, 4 Ob 20/11m – RdW 2011/501, 474

Eine Aufklärung über ein letztlich jeder Fremdveranlagung immanentes Risiko, nämlich über eine schadenskausale Veruntreuung des Geldes, ist bei einer Anlageberatung nicht zu verlangen.

BGH 22. 3. 2011, XI ZR 33/10 – RdW 2011/188, 189 = WM 2011, 682
Vgl auch Besprechungsaufsatz Iro, RdW 2011, 255

Zum Umfang der Aufklärungspflichten bei einem Swap-Vertrag.

OGH 30. 8. 2011, 2 Ob 191/10t
OGH 16. 3. 2011, 6 Ob 18/11g – ÖBA 2011/1743, 664

Zur Irrtumsanfechtung von Verträgen über MEL-Zertifikaten wegen eines von der Bank veranlassten Geschäftsirrtums.

OGH 1. 3. 2011, 10 Ob 12/11d – RdW 2011/264, 275

Steht fest, dass bei entsprechender Aufklärung der (zusätzliche) Versicherungsvertrag abgeschlossen worden wäre und die Versicherungssumme nach dem später eingetretenen Tod des Ehemannes zur Abdeckung der Kreditrestschuld ausgereicht hätte, ist die Bank für den Ersatz des im Entgang des Versicherungsschutzes liegenden Schadens ersatzpflichtig.

OGH 24. 2. 2011, 6 Ob 8/11m – RdW 2011/267, 276 = ÖBA 2011/1730, 515 = ZFR 2011/131, 240 = ecolex 2011/198, 515 mit Anm Wilhelm

Zur Beweislast des klagenden Anlegers.

OGH 23. 2. 2011, 1 Ob 210/10d – ÖBA 2011/1728, 511 = JBl 2011, 501

Vor der Genehmigung der Veranlagung von Mündelgeld in einer nicht in §§ 230a ff ABGB angeführten Weise hat das Gericht gem § 230e ABGB einen Gerichtssachverständigen beizuziehen. Ein Privatgutachten, das der Anlage Mündelsicherheit attestiert, reicht nicht aus.

Wenn das Gericht eine nachteilige Veranlagung entgegen § 230e ABGB ohne Beiziehung eines Gerichtssachverständigen genehmigt hat, ist im Rahmen der Amtshaftung bei Vorliegen der sonstigen Haftungsvoraussetzungen auch der bloße Vermögensschaden zu ersetzen.

OLG Wien 21. 2. 2011, 4 R 276/10b

Der von einer externen Anlageberaterin verursachte Irrtum zur Person des Garanten (= Geschäftsirrtum) ist der Bank zuzurechnen, da die Bank damit rechnen muss, dass Kunden von ihr als Verkäuferin Aufklärung erwarten würden und dass daher Käufer die Informationen der Berater als für sie erteilt wahrnehmen.

LG Salzburg 21. 2. 2011, 14 Cg 3/09t

Sind Anleger nur wenig risikobereit, ist es als grober Beratungsfehler zu werten, wenn der Anlageberater empfiehlt, vorhandenes Eigenkapital als Einmalerlag in einen Tilgungsträger zu investieren statt direkt zum Wohnungskauf zu verwenden und gleichzeitig der Kreditbetrag mit einem Fremdwährungskredit abgedeckt werden soll.

OGH 28. 1. 2011, 6 Ob 231/10d – ZFR 2011/129, 237 = RdW 2011/266, 276 = ÖBA 2011/1729, 513 = wbl 2011/145, 390 mit Anm Trenker

Zur Berechnung des hypothetischen heutigen Vermögensstands bei einer Haftung des Anlageberaters.

OGH 21. 12. 2010, 8 Ob 6/10f – ÖBA 2011/1712, 341 = RdW 2011/133, 139 = RZ 2011, 120 = wbl 2011/144, 385 = ZFR 2011/101, 175
Vgl Graf, Glosse zu OGH 8 Ob 6/10f, ZFR 2011, 177

Bei der Geltendmachung eines Schadens aus der Anschaffung von Wertpapieren zu einem objektiv überhöhten Preis darf eine Zahlungsklage grundsätzlich auch schon während der Laufzeit der sich noch im Portfolio des Geschädigten befindlichen Gewinnschuldverschreibungen erhoben werden. Denn der Schaden tritt in diesem Fall bereits mit der Bezahlung des Kaufpreises ein, unabhängig von künftigen Entwicklungen. Ein Vorteilsausgleich im Zuge der weiteren Entwicklung ist nur ganz ausnahmsweise denkbar.

OGH 20. 12. 2010, 5 Ob 222/10y

Zur Irrtumsanfechtung von Verträgen über MEL-Zertifikaten wegen eines von der Bank veranlassten Geschäftsirrtums.

OGH 17. 12. 2010, 6 Ob 221/10h – ÖBA 2011/1696, 199 = RdW 2011/275, 281 = ZFR 2011/103, 179

Nach dem klaren und eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 11 Abs 2 WAG aF sind die Wohlverhaltensregeln auf alle Personen anwendbar, die Dienstleistungen iSd § 11 Abs 1 Z 1 bis 3 WAG aF gewerblich erbringen, also auch auf Rechtsträger mit bloß kleiner Vermögensberatungs-Gewerbeberechtigung.

OGH 17. 12. 2010, 6 Ob 235/09s – RdW 2011/208, 216 = ÖBA 2011/1704, 263 = ecolex 2011/165

Zur Auslegung der §§ 23b ff WAG 1996 im Lichte der Anlegerentschädigungs-RL 97/9/EG.

OGH 16. 12. 2010, 1 Ob 177/10a – ZFR 2011/104, 180

Zur Streitanhängigkeit im Zusammenhang mit Anlegerklagen.

OGH 15. 12. 2010, 4 Ob 190/10k – ÖBA 2011/1742, 663

Zur Irrtumsanfechtung von Verträgen über MEL-Zertifikaten wegen eines von der Bank veranlassten Geschäftsirrtums.

OGH 29. 9. 2011, 1 Ob 132/11k
OGH 31. 8. 2011, 7 Ob 113/11k
OGH 26. 7. 2011, 1 Ob 135/11a
OGH 26. 7. 2011, 1 Ob 108/11f
OGH 26. 7. 2011, 1 Ob 109/11b
OGH 28. 4. 2011, 1 Ob 71/11i
OGH 27. 4. 2011, 9 Ob 87/10z
OGH 23. 3. 2011, 4 Ob 20/11m – RdW 2011/501, 474
OGH 15. 12. 2010, 4 Ob 176/10a – ÖBA 2011/1705, 265 = ecolex 2011/141 mit Anm Horak
Vgl dazu Besprechungsaufsatz Baier, Die Rechtsprechung des OGH zum Dragon FX Garant – Ein Überblick, ZFR 2012/59, 113.

Enthält die Werbung für ein Finanzprodukt mit Kapitalgarantie, Risikolosigkeit etc keinerlei Hinweis auf die Identität des Garanten, ist sie von vornherein nicht geeignet, falsche Vorstellungen über das Verhältnis zwischen dem Emittenten des Finanzprodukts und dem davon verschiedenem Garanten hervorzurufen.

BGHS Wien 3. 12. 2010, 9 C 794/10w

Zur Haftung des AWD wegen Beratungsfehler beim Verkauf von „Boden-Invest“ Kommanditbeteiligungen.

HG Wien 29. 11. 2010, 1 R 135/10i

Wünscht ein Anleger Kapitalsicherheit, dann ist die Anlageberatung nicht anlegergerecht, wenn die Möglichkeit einer Kündigung einer Anleihe durch den Emittenten nicht erwähnt wird. Die beratende Bank haftet demnach für den sich daraus ergebenden Schaden nach § 13 WAG alt.

OGH 24. 11. 2010, 9 Ob 5/10s – JBl 2011, 445 mit Anm Dullinger = ZFR 2011/39, 85 = EvBl 2011/54 mit Anm Brunner = ecolex 2011/122, 309 = ÖBA 2011/1751, 764

Nach der Rsp haftet nicht nur ein Anlageberater, sondern auch der Anlagevermittler für die Verletzung ihn treffender Auskunftspflichten, wenn vom schlüssigen Zustandekommen eines Auskunftsvertrages iSd § 1300 ABGB ausgegangen werden kann. Ein solcher Auskunftsvertrag ist anzunehmen, wenn der Bekl dem Kl ein diesem erkennbar völlig unbekanntes Anlageprodukt näher bringen will, nämlich die stille Beteiligung an einer unbekannten US-amerikanischen Gesellschaft, deren Bonität auch nicht einmal ansatzweise feststeht.

Anlageberater und -vermittler sind daher regelmäßig zur Aufklärung ihrer Kunden über die Risikoträchtigkeit der in Aussicht genommenen Anlage verpflichtet. Der Kunde darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass dem Anlageberater (Vermittler) der nötige Einblick in die angebotene Beteiligung gewährt worden ist. Dass der Berater (Vermittler) selbst auf die ihm vom Organ der kapitalsuchenden (angeblich bestehenden) Gesellschaft gegebenen Zusicherungen vertraut, keine näheren Informationen einholt und selbst die Unrichtigkeit der von ihm gegebenen Zusage offenbar nicht zu erkennen vermag, befreit im Hinblick auf sein insoweit fahrlässiges Verhalten nicht.

OGH 4. 11. 2010, 8 Ob 9/10x – ecolex 2011/121, 309 = ÖBA 2011/1716, 348 = ZFR 2011/40, 86 = RdW 2011/265, 275
Der Anlageberater haftet auch dann für die unrichtige Aufklärung über die typischen Risiken, wenn er selbst von der Seriosität des Anlagegeschäfts überzeugt war.
Grob fahrlässiger Beratungsfehler, wenn der Kl trotz ihrer festgestellten begrenzten Risikobereitschaft zu einem durch einen Fremdwährungskredit finanzierten, in Relation zum Einkommen der Kl sehr hohen Veranlagungsvolumen ohne entsprechende Risikostreuung geraten wurde.
Mitverschulden der Kl von einem Drittel angesichts von Risikohinweisen, mit denen Privaten vom Kauf von Wertpapieren auf Kredit generell abgeraten und darauf hingewiesen wurde, dass das Risiko eines Teilverlustes bis zum Gesamtverlust des eingesetzten Kapitals bestehe.

HG Wien 12. 10. 2010, 47 Cg 55/10f

Zur Irrtumsanfechtung von MEL-Zertifikaten; Schadenersatzanspruch gem § 15 WAG 2006; Mitverschulden des Kl, weil er den von ihm unterfertigten Konto- und Depoteröffnungsantrag plus Risikohinweis nicht gelesen hat.

OGH 29. 9. 2010, 7 Ob 106/10d – ÖBA 2012/1798, 252 = Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2010/2011, 152

Zum Umfang und Inhalt der Aufklärungspflicht bei Vermittlung von „strukturierten Produkten“, bei denen der dahinterstehende Mechanismus und damit das Risiko für den Anleger nicht durchschaubar ist.

OGH 30. 8. 2011, 2 Ob 191/10t
OGH 26. 4. 2011, 8 Ob 112/10v – ZFR 2011/151, 280
OGH 22. 9. 2010, 8 Ob 25/10z – ecolex 2010/380, 1039 mit Anm Wilhelm = ÖBA 2011/1732, 585 = Zak 2010/646 = Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2010/2011, 147
OGH 31. 8. 2010, 4 Ob 65/10b – ecolex 2010/350, 952 (Anm Wilhelm) = ÖBA 2011/1731,
582 = ZFR 2011/7, 25 (Anm Pletzer) = EvBl 2011/3 = RdW 2010/762, 767 = Jahrbuch Bank-
und Kapitalmarktrecht 2010/2011, 147

Zur Irrtumsanfechtung von Verträgen über MEL-Zertifikaten wegen eines von der Bank veranlassten Geschäftsirrtums.

OGH 4. 8. 2010, 3 Ob 79/10d – JBl 2010, 781 = ÖBA 2011/1689, 114 = ZFR 2011/72, 132 = Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2010/2011, 156

Zur mündelsicheren Veranlagung iSv § 230e ABGB; zur Haftung des Privatgutachters und allfälliger Amtshaftung.

HG Wien 11. 8. 2010, 49 Cg 10/10b – Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2010/2011, 154

Schadenersatzanspruch wegen falscher Anlegerberatung; das Nicht-Lesen des Gesprächsprotokolls stellt ein Mitverschulden des Anlegers im Ausmaß von 1/3 dar.

OGH 14. 7. 2010, 7 Ob 50/10v

Zur Rückabwicklung von absolut nichtigen Wertpapiergeschäften eines Geschäftsunfähigen.

LG Salzburg 13. 7. 2010, 3 Cg 54/10p

Haftungsausschluss auch für leichte Fahrlässigkeit unzulässig.

OLG Linz 8. 7. 2010, 4 R 90/10y

Es stellt eine schwerwiegende Verletzung der Aufklärungs- und Beratungspflicht dar, wenn der Anlageberater durch bewusst manipulative Wortwahl den Eindruck entstehen lässt, es handle sich um risikoarme Anlagen und so die mangelnde Risikobereitschaft der Anlegerin übergeht.

Ein Mitverschulden des Anlegers ist nicht gegeben, wenn der Anlageberater die nötigen Dokumente ausfüllt.
Hätte der Anleger die Zertifikate nicht erworben, dann ist ihm iSd Naturalrestitution der Erwerbspreis zu vergüten.

BGH 8. 7. 2010, III ZR 249/09 – BB 2010, 2005 = WM 2010, 1493 = NZG 2010, 947

Zur grob fahrlässigen Unkenntnis bei Anlageberatungsfehlern.

OGH 8. 7. 2010, 2 Ob 53/10y

Der Anlageberater ist zur Aufklärung seiner Kunden über die Risikoträchtigkeit der in Aussicht genommenen Anlage verpflichte; welche Verhaltenspflichten ihn dabei im Einzelnen treffen, kann zwar nur aufgrund der konkreten Umstände beurteilt werden, doch treffen ihn jedenfalls dem Anlageinteressenten gegenüber Schutz- und Sorgfaltspflichten. Stellt er etwa ein typisches Risikogeschäft als sichere Anlageform ihn und veranlasst er dadurch den Anleger zur Zeichnung einer solchen Beteiligung, dann haftet er für die fehlerhafte Beratung selbst dann, wenn auch er von der Seriosität des Anlagegeschäfts überzeugt gewesen sein sollte, weil er ein solches Geschäft nicht ohne weiteres als sicher Anlageform anpreisen darf.

OGH 6. 7. 2010, 1 Ob 46/10m – ÖBA 2010/1664, 765 = Zak 2010/560, 322

Die in den „Gesprächsnotizen“ des bekl Wertpapierdienstleisters enthaltenen Tatsachenbestätigungen (insb im Zusammenhang mit der Beratung und Belehrung über Risiken oder dem Kunden nach dem Gesetz zustehende Rechte) unterliegen nicht § 28 Abs 1 KSchG. Sie sind vielmehr Beweismittel, die im Individualprozess zu würdigen sind.

OGH 6. 7. 2010, 1 Ob 105/10p – ÖBA 2010/1663, 762

OGH beurteilt Ausschluss der ordentlichen und außerordentlichen Kündigungen in Genussscheinbedingungen als nichtig.

HG Wien 6. 7. 2010, 1 C 717/09m

Zu irreführenden Angaben im Werbeprospekt.

OGH 30. 6. 2010, 9 Ob 50/09g – ecolex 2010/348, 950 = Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2010/2011, 158

Zur Haftung der Anlegerentschädigungseinrichtung von in Konkurs gegangenen AMIS-Firmen gehaltenen Kundengeldern.

HG Wien 28. 6. 2010, 19 Cg 226/09w

Unzulässige Klauseln wegen Verstößen gegen das ZaDiG.

HG Wien 27. 5. 2010, 34 Cg 80/09k

Anlageberater haftet wegen „Beratung gegen die Interessen des Anlegers“.

OGH 26. 5. 2010, 7 Ob 84/10v

Zur Aufklärungspflicht der Bank gegenüber Kunden (weitergehende Pflichten möglicherweise nach VKrG).

OGH 19. 5. 2010, 6 Ob 220/09k – ecolex 2010/306, 844

Das einseitige Kündigungsrecht der Bank bei Schuldverschreibungen ist unzulässig.

OLG Wien 10. 5. 2010, 2 R 238/09y – Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2010/2011, 153

Vermittler haftet für Schaden aus AMIS Veranlagung.

OGH 22. 4. 2010, 2 Ob 14/10p – ÖBA 2011/1706, 266 = RdW 2010/573, 572 = Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2010/2011, 150

Ein relevanter Beratungsfehler besteht darin, dass Genussscheine mündlich und schriftlich als besonders sichere Anlageform beworben wurden und der Rückkauf zu einem monatlich veröffentlichten Kurs zugesichert wurde. Es entsteht ein Schaden in dem Zeitpunkt, indem ein Rückkaufsauftrag wegen eines behaupteten Liquiditätsengpasses nicht durchgeführt wird.

OGH 21. 4. 2010, 7 Ob 33/10v – ÖBA 2010/1653, 619

Der Versicherer kann der Direktklage des Anlegers die mit dem Wertpapierdienstleister vereinbarten Risikoausschlüsse einwenden.

OGH 17. 3. 2010, 7 Ob 15/10x – ecolex 2010/308, 848 mit Anm G. Graf

Zu unzulässigen Zins- und Kündigungsklauseln in Emissionsbedingungen von Bank-Schuldverschreibungen.

OGH 11. 3. 2010, 4 Ob 28/10m – ÖBA 2010/1643, 535 = ÖJZ 2010/85, 807 mit Anm Leupold/Ramharter = ecolex 2010/239, 664 mit Anm Graf = ZFR 2010/137, 218 = Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2010/2011, 149
Vgl auch Besprechungsaufsätze Leupold/Ramharter, ÖBA 2010, 718 und Trenker, wbl 2010, 618.

Der Anlageberater haftet nicht für das positive Vertragsinteresse. Der Anleger kann nur verlangen, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der Anlageberater pflichtgemäß gehandelt, ihn also richtig aufgeklärt hätte. Der Geschädigte kann Geldersatz erst nach Verkauf der Wertpapiere verlangen oder wenn sie wertlos sind, etwa weil sie nicht mehr an der Börse gehandelt werden und auch sonst unverkäuflich sind.

OGH 18. 2. 2010, 6 Ob 24/10p – JBl 2010 ,442 = ÖBA 2010/1654, 620 = Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2010/2011, 150

Zur Irrtumsanfechtung eines Wertpapierankaufs und Gehilfenzurechnung.

OGH 18. 2. 2010, 8 Ob 167/09f – ÖBA 2010/1655, 621 = Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2010/2011, 152

Die Frage nach einem Mitverschulden des Anlegers lässt sich nur für den Einzelfall beantworten.

BGHS Wien 16. 2. 2010, 6 C 1528/07k – VRInfo 2010 H4, 4

Eine Bank haftet für Fehlberatung zu Kapitalsicherheit einer Anlage.

OGH 26. 11. 2009, 2 Ob 32/09h – Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2010/2011, 157 = VRInfo 2010 H3, 4 = JusGuide 2010/10/7349

Zum Rücktrittsrecht eines Verbrauchers bei Prospektpflichtverletzung nach § 5 KMG.

HG Wien 9. 10. 2009, 35 Cg 92/06b – Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2009/2010, 180 = VRInfo 2009 H11, 2

Der Vermittler haftet auf Grund seines wirtschaftlichen Eigeninteresses selbst für den Schaden durch die fehlerhafte Beratung im Zusammenhang mit dem AMIS Generationsplan. Er hätte auf das hohe Risiko und auf die Gefahr eines Kapitalverlustes hinweisen müssen.

OLG Wien 30. 9. 2009, 30 R 38/09t – VRInfo H4, 3

Das OLG Wien beurteilt sechs Klauseln eines Vermögensberaters im Zusammenhang mit einer Kreditvermittlung als gesetzwidrig.

VfGH 28. 9. 2009, A 3/09 – Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2009/2010, 197 = RdW 2010/18, 18 = Zak 2009/623, 382 = ZFR 2010/10, 30

Abweisung einer – zulässigen – Staatshaftungsklage eines geschädigten Anlegers gegen den Bund auf Schadenersatz wegen nicht ordnungsgemäßer Umsetzung der Anlegerentschädigungsrichtlinie infolge Verjährung.

Anwendung der Verjährungsbestimmung des Amtshaftungsgesetzes mangels eigener Verjährungsbestimmungen im Gemeinschaftsrecht.

Unzulässigkeit der interpretativen Ausdehnung des auf Amtshaftungsklagen bezogenen Verjährungsverzichts der Finanzprokuratur auf andere Rechtstitel.

HG Wien 11. 8. 2009, 17 Cg 47/08f

Der Erbringer von Wertpapierdienstleistungen hat seinem Kunden alle zweckdienlichen Informationen mitzuteilen, soweit dies zur Wahrung der Interessen des Kunden und im Hinblick auf Art und Umfang der beabsichtigten Geschäfte erforderlich ist (§ 13 Z 4 WAG). Die Beraterin hat sich durch das Unterlassen der notwendigen Aufklärung bei der Vermittlung der MEL-Zertifikaten einer gravierenden Fehlberatung schuldig gemacht.

Der Schaden der Kundin ist bereits mit der ungewollten Vermögensverschiebung eingetreten, also bereits zu dem Zeitpunkt, wo sie aufgrund der Fehlberatung durch die Anlageberaterin ein Finanzprodukt erworben hat, das wesentlich risikoreicher ist, als es Ihren Anlagezielen und finanziellen Verhältnissen entsprach.

LG für Zivilsachen Graz, 29. 6. 2009, 21 Cg 90/08i – Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2009/2010, 183 = VRInfo 2009 H8, 9

Der Vermittler hat Zug um Zug gegen Herausgabe der MEL-Zertifikate den gesamten angelegten Betrag zu bezahlen. Dem Konsumenten ist auch jener Betrag zu ersetzen, den er erhalten hätte, wenn er sein Geld so angelegt hätte, wie es seiner Risikobereitschaft entsprach.

OGH 28. 1. 2009, 1 Ob 232/08m – Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2009/2010, 183 = ecolex 2009/183 = ÖBA 210/1596, 70 = ZFR 2009/97, 152 = ZIK 2009/176

Amtshaftung gegenüber geschädigtem Anleger wegen Verletzung von Aufsichtspflichen nach dem WAG.

Soweit also den Aufsichtsbehörden übertragene Kontrollpflichten, die auch dem Schutz der Anleger dienen, verletzt werden, hat die Republik Österreich als Rechtsträgerin für den adäquat kausal verursachten und im Schutzbereich der jeweils konkret anwendbaren Normen liegenden Schaden nach amtshaftungsrechtlichen Grundsätzen einzustehen.

Mangels Bezifferbarkeit des dem Kl endgültig entstandenen Schadens zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz ist eine auf Geldleistung gerichtete Schadenersatzklage nicht möglich. Der Kl ist daher auf ein Feststellungsbegehren verwiesen.

OGH 8. 10. 2008, 9 Ob 32/08h – Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2009/2010, 176 = ÖBA 2009/1546, 389 = ecolex 2009/44, 139 = RdW 2009/289, 340

Zur Haftung wegen fehlerhafter Anlageberatung.

OGH 7. 8. 2008, 6 Ob 253/07k – ÖBA 2009/1540, 306 mit Anm Iro = JBl 2009, 165 = RdW 2008/727, 782

Verbandsklage gegen AGB in Wertpapierverträgen:
Eine Klausel, die den Zugang aller für den Kunden bestimmten Mitteilungen und sonstigen Sendungen am ersten Bankarbeitstag nach der Bereitstellung zur Abholung bzw der Einräumung der Abfragemöglichkeit annimmt, verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 3 KSchG.

Eine Klausel, die für die Ausfolgung bzw Übertragung von Depotwerten ein Entgelt vorsieht, das der Abgeltung einer im Regelfall mit der Erfüllung der vertraglichen Pflichten verbundenen Leistung dient, unterliegt der Inhaltskontrolle im Rahmen des § 879 Abs 3 ABGB. Es liegt aber keine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB vor.

OGH 7. 7. 2008, 6 Ob 103/08b – Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2009/2010, 186 = ÖBA 2009/1528, 144 mit Anm P. Bydlinski = ecolex 2008/338, 909

Zur Verjährung der Haftung wegen wahrheitswidriger Zusage der Risikolosigkeit eines Finanzierungskonzepts.

OGH 10. 3. 2008, 10 Ob 11/07a – ÖBA 2008/1504, 732 = RdW 2008/484, 521 = Zak 2008/400, 237

Haftung einer Bank für Beratungsfehler in Verbindung mit argentinischen Staatsanleihen.

OGH 7. 11. 2007, 6 Ob 110/07f – ZFR 2008/33, 68 = ÖBA 2008/1486, 505 = ecolex 2008/37, 128
S auch Besprechungsaufsatz Koch, Von Rücktritten und Retrozessionen, ÖBA 2008, 475.

Die Wohlverhaltensregeln der §§ 11 ff WAG 1996 sind auch auf den Vermögensverwaltungsvertrag anzuwenden. Die Verpflichtung zur Mitteilung aller zweckdienlichen Informationen nach § 13 Z 4 WAG 1996 beinhaltet auch die Offenlegung von Retrozessionsvereinbarungen („Kick-back“-Vereinbarungen).

OGH 30. 5. 2007, 9 Ob 17/07a – ÖBA 2008/1464, 202

Zum Verjährungsbeginn bei Schädigung durch fehlerhafte Anlageberatung.

OGH 29. 3. 2007, 3 Ob 40/07i – JBl 2008, 49 mit Anm Mader = ÖBA 2008/1463, 196 mit Anm Madl

Schadenersatz wegen pflichtwidriger Anlageberatung.
Eine gegen Treu und Glauben verstoßende Berufung auf den Ablauf der Verjährungsfrist liegt vor, wenn die Fristversäumnis auf ein Verhalten des Gegners zurückgeht.